Pizzicato

Jungferntrip im Berliner Winter

Cem Özdemir kann von Glück reden, dass der Wettergott am Tag der Angelobung auf seiner Seite war. Hätten Schneeflocken das nasskalt-graue Berlin in ein weißes Kleid getaucht, hätte der grüne Agrarminister eine weniger gute Figur auf seinem Dienstfahrrad abgegeben.

Der Weg vom Bundestag zum Schloss Bellevue und retour wäre zur Rutschpartie geworden und Özdemir samt E-Bike ins Schlingern oder gar zu Sturz gekommen. Ein Tanz mit dem Winter. Zum Einstand wäre ihm die Häme gewiss gewesen.

So aber ließ Özdemir seine Kolleginnen und Kollegen, die einzeln in den Dienstlimousinen angerauscht kamen, bei der ersten Ampel links stehen, um als Erster ans Ziel zu kommen – und stahl den Parteifreunden die Show. Neben Corona-Karl, Gesundheitsminister Lauterbach, rückte der „anatolische Schwabe“, der erste türkischstämmige Minister der Republik, sogleich ins Rampenlicht.

Zum Blitzstart jettete Außenministerin Annalena Baerbock – eigentlich Özdemirs Traumjob – indessen nach Paris, um danach per TGV nach Brüssel zu rasen. Altkanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder gab ihr ungefragt und bärbeißig-süffisant einen Tipp für den Jungferntrip. Sie solle um Himmels Willen nicht die Devise beherzigen: „Am grünen Wesen soll die Welt genesen.“ Das diplomatische Parkett ist eben weit glatter als der Berliner Winter. (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2021)

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