Morgenglosse

Kleines Land - was nun?

FILE PHOTO: City of Salzburg during COVID-19 lockdown
FILE PHOTO: City of Salzburg during COVID-19 lockdownREUTERS
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Die Covid-Krise hat Österreichs Defizite schamlos offengelegt – und jetzt benennt diese sogar eine Studie.

Rankings sind überbewertet. Meist geht es nur darum, wessen Eitelkeit befriedigt wird und wer sich weiter unterschätzt fühlen darf. Doch ein Ranking zum Krisenmanagement in einer Pandemie kann durchaus sinnvoll sein. Denn es legt gute und schlechte Ansätze offen. Es kann dazu beitragen, dass Fehler in Zukunft vermieden werden.

Uns Österreicherinnen und Österreicher mag es in unserer Eitelkeit wurmen, dass gerade Deutschland, wie es nun die Bertelsmann-Stiftung erhob, besser durch die Covid-Krise kam als wir. Apropos „wurmen“: Am wichtigsten ist mit Sicherheit, dass alle im Land in solchen Situationen verantwortungsbewusst agieren. Das gilt für die Regierung, die statt alle Kraft gegen die Pandemie zu konzentrieren, einen Teil dafür aufgewandt hat, interne Differenzen auszukämpfen. Und das gilt für die Opposition – insbesondere für die FPÖ –, der es in einer solchen Megakrisen nicht etwa darum gegangen ist, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu bewahren, sondern neue Klüfte aufzureißen.

Was sollte Österreich aus den Studienergebnissen für Konsequenzen ziehen?

Erstens die: Krisenbewältigung beginnt bei der Krisenkommunikation und die war in der Pandemie widersprüchlich bis chaotisch. Der Föderalismus, so geht aus der Bewertung der Experten hervor, bremste hier die Effizienz. Anders ausgedrückt: Wenn Landeskaiser Profilierungsnotstand empfinden, ist das in Krisenzeiten kontraproduktiv. Künftig muss Objektivität statt Befindlichkeit im Mittelpunkt stehen. Deutschlands Regierung hat das mit einer stärker an wissenschaftlichen Fakten orientierten Koordination mit den Ländern besser bewältigt.

Zweitens die: Die überdimensionale Abhängigkeit von einem einzelnen Wirtschaftszweig – dem Tourismus – ist gefährlich. Das machte diese Krise deutlich wie nie zuvor. Österreich hat nach der Pandemie gar keine andere Wahl als seine Wirtschaft zu diversifizieren. Neue digitale Geschäftsfelder sind dafür eine Chance.

Drittens die: Krisen sind auch eine Chance. Sie legen Defizite offen. Deshalb ist proaktives Vorgehen, wie es die Studie empfiehlt, der Schlüssel zum Erfolg. Nicht die breitere Skipiste ist jetzt gefragt, sondern die breitere Datenautobahn. Österreich braucht ein Gesundheits- und Bildungssystem, das sowohl vom Personal als auch von seiner technischen Ausstattung mehr als nur den Normalbetrieb in ruhigen Zeiten aufrecht erhalten kann. Es braucht Logistiker und IT-Techniker, die es schaffen, innerhalb von Tagen (nicht Monaten) Tools wie den digitalen grünen Pass umzusetzen. Und es braucht einen pragmatischen Umgang mit Daten, der den einzelnen Bürger ebenso schützt, wie er der Allgemeinheit Gewinne bringt.

Keine Eitelkeit mehr, kein unfundiertes Besserwissen, kein bürokratischer Beton: einfach tun.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2021)

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