Die Volksgruppen lebten hier eher neben- als miteinander. Český Krumlov.

Wie Stifter in Böhmen

Der Schriftsteller Wolfgang Schmidt lässt in seinen Romanen die versunkene Welt der Deutschböhmen wieder aufleben – angereichert mit der Liebe in all ihren Variationen. Das Leben von Český Krumlov aus gesehen.

Unter den deutschsprachigen Dichtern des Böhmerwalds nimmt Adalbert Stifter unbestritten den ersten Rang ein. Weniger eindeutig lässt sich die Frage beantworten, wer denn der zeitlich letzte Vertreter des Genres ist oder war. Eins scheint festzustehen: Es werden nicht mehr viele kommen, die in deutscher Sprache aus dem längst Geschichte gewordenen Sudetenland berichten. Als Trost mag gelten, dass eine jüngere tschechische Autorengeneration um Radka Denemarková, Jaroslav Rudiš und zuletzt Kateřina Tučková das Thema für sich entdeckt hat und sich damit auseinandersetzt.

Wolfgang Schmidt, in der Zwischenkriegszeit in Český Krumlov aufgewachsen, war erst spät zur Schriftstellerei gekommen. Seinen ersten Roman veröffentlichte er mit 70. Bald schon verglichen ihn Kritiker mit Stifter und Kafka, und bereits die zweite Auflage seines Romandebüts durfte sein Verlag, das renommierte Haus Scherz in Bern, mit dem Prädikat „Erzähler von Rang“ bewerben. Vielleicht lag es auch daran, dass Schmidts Romane ohne Weiteres in der Jetztzeit spielen könnten: Themen wie Inzest, Suchtprobleme oder gleichgeschlechtliche Liebe sind zeitlos. Dem schnellen Ruhm vorausgegangen war das von vielen Autoren erträumte, in der Praxis selten erfüllte Schicksal eines unverlangt eingesandten Manuskripts: Statt im Papierkorb landete es auf dem Tisch der Lektorin Rachel Gratzfeld. Sie nahm es mit nach Hause. „In einem Zug durchgelesen“, begann ihr Gutachten, an dessen Ende sie „unbedingt zur Veröffentlichung“ riet. Bereits ein Jahr später erschien der Roman „Die Geschwister“.

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