„Don Giovanni“ fährt in Graz tiefer als in die Hölle

Die Neuproduktion des „Don Giovanni“ an der Grazer Oper gerät zu einer szenischen Auslöschung.

Wieder einmal wird auf der Opernbühne eine durchaus respektable musikalische Leistung durch einen absurden „Regie“-Spuk in den Abgrund gerissen. Hier nur die markantesten neuen „Sichtweisen“ von Regisseur Johannes Erath: Der Komtur vergeht sich widerwärtig an seiner kindlichen Tochter Anna, richtet sich gleich zu Beginn selbst durch Kopfschuss und liegt danach mit dem Gesicht über zwei Stunden im Suppenteller...

Alle acht Protagonisten verfügen über einen Doppelgänger, alle Akteure sind stets auf der Bühne, niemand weiß, wer, wann, warum und von woher singt. Flächendeckend herrscht derbe busen- und hinterngrapschende „Erotik“ sowie peinlichstes Rudelbumsen im ersten Aktfinale.

Sänger auf hohem Niveau

Hendrik Vestmann am Pult des Grazer Philharmonischen Orchesters gelingen vor allem die großen lyrischen Bögen mustergültig. Die lodernde Glut und die metaphysischen Panikattacken der Partitur bleiben hingegen fahl. Das auf hohem Niveau agierende Sängerensemble wird angeführt von Antonio Polis' makellos lyrischem Don Ottavio, gefolgt von Konstantin Sfiris als prächtig orgelndem Komtur. Boaz Daniel bleibt als Don Giovanni vokal eindimensional, ein differenzierteres Rollenporträt bietet Gal James als Donna Anna, deren satt strömender Sopran allerdings mit Höhenproblemen zu kämpfen hat. Margareta Klobučar gelingt als Donna Elvira eine meisterliche Darstellung von erotischer Anziehungskraft. Die beste schauspielerische Leistung bringt Sieglinde Feldhofer als Zerlina. hasl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2010)

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