Nachruf

Herbert Achternbusch: Der wilde Erbe Karl Valentins ist tot

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Mix Wix D 1989 Der Besitzer des M�nchner Kufhauses Mix Wix wendet sich von seinen gesch�ften ab u(c) imago/United Archives (imago stock&people)
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Filmemacher, Autor und Maler Herbert Achternbusch starb mit 83 Jahren. Avantgardistisch und mit absurder Komik rückte er Verhasstem und Schrecklichem auf den Leib.

Diese Gegend hat mich kaputtgemacht, und ich bleibe, bis man ihr das ansieht!“ Was der Künstler Herbert Achternbusch da einmal über seine Heimat Bayern gesagt hat, ist im Grunde ein sehr österreichisches Heimatverhältnis. Achternbusch, der nun im Alter von 83 Jahren verstorben ist, war ein in München lebender Anti-Münchner. In seinen ungeniert derben und beißend humoristischen Arbeiten zog er nicht nur bayerische Spießbürgerlichkeit und Katholizismus, sondern auch viele sonstige Selbstgewissheiten ins Lächerliche, mit stellenweise geradezu verzweifelter Komik. Und das als Maler, Autor und Filmemacher.

Studiert hatte der 1938 Geborene die Malerei. Auf Anraten von Autorenfreunden, darunter Günter Eich und Martin Walser, verlegte er sich Mitte der 60er-Jahre auf das Schreiben. Bei Suhrkamp erschienen Gedichte, Erzählungen und der für die damalige Avantgardeliteratur wegweisende Roman „Die Alexanderschlacht“ (1971), dazu kamen Theaterstücke.

Der Gott heißt Ztsrupsi

Im Stück „Tukulti“ etwa hält ein kurioser bayerischer Herrscher mit einem nicht mehr existenten Gott, hier Ztsrupsi genannt, Zwiesprache: im hehren Bibelstil, aber mit bayerischem Dialekt. Achternbuschs Sprachwitz wurde immer wieder mit Karl Valentin verglichen, manches wurde geradezu geflügeltes Wort – etwa der Satz: „Du hast keine Chance, aber nutze sie“.

Schließlich waren es aber nicht Bilder und Bücher, sondern seine avantgardistischen Filme, die ihn breiter bekannt machten. In dieses Genre kam Achternbusch Anfang der Siebziger Jahre durch die Bekanntschaft mit Regisseuren wie Werner Herzog und Volker Schlöndorff, in deren Filmen er auch Auftritte hatte. Sein eigener Film „Gespenst“ (1982) verursachte dann einen Skandal: Christus steigt vom Kreuz einer Klosterkirche und zieht an der Seite der Klosteroberin durch Bayern. Das Werk wurde als blasphemisch kritisiert und in Österreich verboten.

Das ewige Indianerschlachten

Achternbusch spielte in seinen Filmen selbst und ließ Freunde mitspielen. In „Das letzte Loch“ will sich Herr Nil die Erinnerung an den Holocaust von der Seele trinken: mit sechs Millionen Schnäpsen für sechs Millionen Juden. „Ich bin da, ich bin da“ ironisierte die Amerika-Gedenkfeiern in Form eines seit Ewigkeiten Indianer schlachtenden Konquistadors. In „Wohin?“ nahm er die Ängste vor Aids in den 80er-Jahren aufs Korn. „Hades“ war seine Art Antwort auf Spielbergs Film „Schindlers Liste“. Achternbusch spielte darin den jüdischen Sargfabrikanten und Holocaustüberlebenden Hades, der in München Neonazis massakriert.

Einmal beschrieb der Künstler sein Leben in neun Sätzen, darunter die: „Ich schrieb Bücher, bis mich das Sitzen schmerzte. Dann machte ich Filme, weil ich mich bewegen wollte. Die Kinder, die ich habe, fangen wieder von vorne an. Grüß Gott!“

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