Pizzicato

Im Land der Dichter und Denker

Mit den Größen der Weltpolitik ist Wolfgang Ischinger auf Du und Du. Ausgeschlossen, dass der Ex-Diplomat und scheidende Chef der Münchner Sicherheitskonferenz den russischen Präsidenten als Sergej Putin anspräche oder den amerikanischen als Walter Biden – oder gar als Joe Putin und Wladimir Biden.

Die Namen der Überbringer der Nachrichten sind für den früheren deutschen Botschafter in Washington und London indessen Schall und Rauch. Als er neulich in den ARD-„Tagesthemen“ über die Ukraine-Krise sprach, redete er die Moderatorin Caren Miosga beharrlich – gleich drei Mal – mit Marietta Slomka, der Moderatorin des ZDF-„Heute Journals“, an. Eine Höchststrafe für die Journalistin, die ihn zu korrigieren versuchte: „Miosga heiße ich.“ Vielleicht hätte sie ihn als Rolf Aschinger anreden sollen. Dabei machte Caren Miosga von sich reden, als sie im TV-Studio vor einem Nachruf auf Robin Williams als Tribut an seine Rolle in „Der Klub der toten Dichter“ aufs Pult hüpfte und ausrief: „O Captain! My Captain!“

Dass es mit der Poesie in Deutschland hapert, haben sie auch im Bundestag erkannt. Was einige Abgeordnete beflügelte. „Mit rotgrüngelber Twitterkunst gewinnen wir des Volkes Gunst“, textete Ralf Stegner. Konstantin von Notz konterte: „Es wird auch hier noch schlichter, im Land der Denker und Dichter.“

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2022)

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