Morgenglosse

Gewaltschutz: Hätte sie doch nur!

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Coronakrise: 4. harter Lockdown / 25.11.21 Wien, 25.11.2021 Corona-Pandemie, Corona, Corona-Virus, CoV 2, Covid 19, Sarimago images/Viennareport
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Die Polizei rät Frauen unter anderem zu einem selbstbewussten Gang, um ihre Sicherheit zu erhöhen. Das Wichtigste vergisst sie: Dass Frauen nie, niemals schuld sind.

Es war, so viel muss man wohl anerkennen, gut gemeint. So wie die vielen Hinweise, die man Frauen und Mädchen mitgibt, weil man sich um ihre Sicherheit sorgt. Das Bundeskriminalamt arbeitete vor dem Frauentag am 8. März also ein Informationsschreiben aus: Es sollte auf das Thema Gewalt gegen Frauen aufmerksam machen. „Jede Person hat das Recht auf den Schutz der körperlichen Integrität und der persönlichen Grenzen“, ist darin zu lesen.

Dieses Recht zugestanden zu bekommen ist aber weiterhin - suggeriert das Schreiben - harte Arbeit. Und zwar harte Arbeit von Frauen. „Gerade durch einfache, allgemeine Hinweise kann man seine persönliche Sicherheit erhöhen“, schreibt das Bundeskriminalamt.

Zum Beispiel so: „Machen Sie sich bewusst, dass Vorsicht und Achtsamkeit stets geboten sind!“ Oder: „Bleiben Sie aufmerksam (z.B. verringern Kopfhörer im Ohr die Aufmerksamkeit.“) Und weiter: „Präsentieren Sie sich selbstbewusst! Gewöhnen Sie sich generell an, mit selbstbewusstem Schritt, offenem Blick und aufrechter Haltung zu gehen!“ 

Das Innenministerium betont, keine Täter-Opfer-Umkehr betreiben zu wollen - es handle sich um Sicherheitshinweise für Frauen. Das will man auch glauben. Aber erstens reicht gut gemeint eben nicht, wenn es um Sicherheit von Frauen geht - auch nicht bei einer Informationskampagne. Und zweitens: Irgendwie hat man beim Lesen die Kommentare dann doch im Ohr, die man vorwurfsvoll nach Gewalttaten hört: Sie wurde am Heimweg überfallen? Hätte sie doch nur einen besser beleuchteten Weg gewählt! Sie wurde sexuell belästigt? Hätte sie doch nur laut genug Nein gesagt! Sie wurde vergewaltigt? Hätte sie doch nur nicht so viel getrunken!

Der allerwichtigste Hinweis für Frauen und Mädchen fehlt in dem Schreiben: Dass sie nie, niemals schuld sind.

Bis zum Frauentag könnte man übrigens noch ein anderes Informationsschreiben verfassen: für Männer. Wie man sich am Heimweg richtig verhält. An wen man sich wenden kann, wenn das eigene Aggressionspotenzial auffällt. Und wie man eingreifen kann, wenn Freunde und Verwandte die Sicherheit von Frauen gefährden.

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