Der düstere Reiz des jung gestorbenen Mitglieds der Wiener Gruppe ist nicht versiegt: Paul Skrepek und Johanna Orsini-Rosenberg widmeten Konrad Bayer den Liederabend „Chansons und kosmisches Geknalle“.
Sie waren Buchstabenbändiger der sonderbaren Art, die Mitglieder der Wiener Gruppe. Nach dem Krieg versuchten H. C. Artmann, Gerhard Rühm, Friedrich Achleitner, Oswald Wiener und Konrad Bayer, die Welt über die Sprache neu zu definieren. Bis auf Rühm wandeln sie nicht mehr auf dieser Welt. Als Legenden geistern sie noch durch viele Köpfe. Besonders Bayer, nicht zuletzt, weil er mit nur 31 Jahren den Gashahn aufdrehte.
Der durch seinen Suizid ewig junge Künstler wurde mehrmals von der österreichischen Popmusik geherzt. Die Worried Man Skiffle Group unterlegte seinen Text „Glaubst I bin bled“ 1970 mit Rumpelpumpelrhythmen und Kazoogequäke; Ronnie Urini interpretierte „Niemand hilft mir“ als No-Future-Hymne im New-Wave-Klangkleidchen. Seit einigen Jahren beschäftigt sich Paul Skrepek, bekannt als Kontragitarrist des Kollegium Kalksburg, mit Bayer. Mit Johanna Orsini-Rosenberg realisierte er zunächst ein Theaterstück, dann das Musikalbum „Chansons – Konrad Bayer“, das sie nun im TAG (Theater in der Gumpendorfer Straße), angereichert mit neuen Texten, auf hinreißende Weise präsentiert haben.
Der Apfelstrudel als Opfer
„Küssen, küssen, küssen. Das ist auch nicht mehr so einfach“, seufzte Orsini nach der Rezitation des Gedichts „Plötzlich ging die Sonne aus“. Darin fällt der Mond mit kosmischem Geknalle auf die Erde. Dort muss das Leben, allen Umständen zum Trotz, weitergehen. Zähnefletschend sucht der Mensch nach Glück. Notfalls im Kaffeehaus, wo der Apfelstrudel zu seinem Opfer wird. Skrepek kitzelte Klänge vom brasilianischen Berimbau, einem krummen Holzstangerl, auf das nur eine Saite aufgezogen ist; Orsini bretterte artistisch durch einen Text, der den Verzehr eines Apfelstrudels schildert, als handle es sich um einen barbarischen Mord.