Film

Der Mond verlässt seine Bahn, und das ist eher langweilig

Mit der Schwerkraft ist nicht zu spaßen: Patrick Wilson in „Moonfall“.
Mit der Schwerkraft ist nicht zu spaßen: Patrick Wilson in „Moonfall“. [ Constantin ]
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Roland Emmerich, wieder inspiriert durch Pseudowissenschaft, schafft in „Moonfall“ keine spannende Dramaturgie.

Vielleicht muss man sich das so vorstellen: Roland Emmerich, der nie einen Hehl aus seiner Faszination für präastronautische Verschwörungstheorien (Aliens haben den Menschen erschaffen usw.) gemacht hat, sitzt im Lehnsessel und liest das neue pseudowissenschaftliche Buch von Christopher Knight und Alan Butler. In „Who Built the Moon?“ stellen die beiden die These auf, dass der Mond kein natürliches Gestirn, sondern ein gebautes Objekt sei. Perfekter Ausgangspunkt für einen neuen Spektakelfilm: Gleich macht sich der fleißige Schwabe mit seinem Kreativpartner, dem Österreicher Harald Kloser, ans Drehbuch . . .

„Moonfall“ ist das nun über die Leinwände donnernde Endprodukt dieser Arbeit: Ein 140 Millionen Dollar teurer, doch unabhängig von Großstudios finanzierter Science-Fiction-Thriller, der erzählt, wie der Mond seinen Orbit verlässt, während das Drehbuch die ewig gleichen Kreise zieht. Emmerichs gewaltige Weltuntergangsfantasien waren stets bloße Aufhänger für das, worum es ihm wirklich ging: tricktechnische Schaustücke, die den Zuschauer in den Kinosessel drücken oder ihn aus diesem schleudern sollen. Ein unschuldiges, geradezu romantisches Ansinnen, vergleichbar mit der Überwältigungsstrategie von Hochschaubahnen. Emmerichs Explosionen waren in den Mittneunzigern, als sein „Independence Day“ zum popkulturellen Phänomen wurde, eine Sensation und in ihrer orgiastischen Zerstörungsfreude so gut wie konkurrenzlos. Mittlerweile fliegen einem in jedem dritten Blockbuster ganze Planeten um die Ohren. Das ist natürlich auch Emmerich bewusst. Schon 2009 versuchte er, erneut angetrieben von Verschwörungstheorien, den ultimativen Katastrophenfilm zu inszenieren: „2012“, in dem Überflutungen, Supervulkanausbrüche und Erdbeben den Untergang der Menschheit einläuten, mutete an wie der zwingende Endpunkt seines Kinos: Mehr ging nicht mehr.

So waren wohl vor allem wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend für „Moonfall“. Denn was Emmerich früher mit kindlicher Freude und dem Furor eines verrückten Künstlers in grellen Farben auf der Leinwand knallen ließ, das scheint ihn mittlerweile selbst zu langweilen. Beispielhaft etwa gleich eine frühe Sequenz, in der beinahe beiläufig ganze Straßenzüge einer Stadt unter einer Flutwelle begraben werden.
Grundsätzlich talentierte Schauspieler wie Halle Berry und Patrick Wilson schlafwandeln durch das merkwürdig drucklos inszenierte Geschehen: Als Ex-Astronauten stibitzen sie ein altes Spaceshuttle und düsen damit ins Weltall, wo sie erkennen, dass sich im hohlen Mond-Inneren eine schwarmförmige KI verbirgt, die der Menschheit den Garaus machen will. Einer, der das immer schon geahnt hat, ist ein beleibter Verschwörungstheoretiker (John Bradley aus „Game of Thrones“), den nie jemand ernst genommen hat, außer natürlich Emmerich, der ihn auf eine Heldenreise schickt.

Unlängst hat Emmerich in einem Interview Breitseiten gegen Marvel-Filme und „Star Wars“ ausgeteilt und für sich beansprucht, wenigstens originäre Stoffe zu inszenieren. Ob das angesichts eines dramaturgischen Desasters wie „Moonfall“ ein Grund zur Freude ist, sei dahingestellt.

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