Nachhilfe

„Buchungen erfolgen kurzfristiger“

Nachhilfe wird seit der Pandemie vermehrt auch online angeboten – ein Gewinn für Schüler und Nachhilfelehrer.
Nachhilfe wird seit der Pandemie vermehrt auch online angeboten – ein Gewinn für Schüler und Nachhilfelehrer. Getty Images
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Der Bedarf an Lernunterstützung ist aktuell groß, Nachhilfeinstitute sind gut gebucht. Ein Trend zeichnet sich dabei ganz deutlich ab: Im Voraus geplant wird selten.

Für rund 1,1 Millionen österreichische Schüler heißt es gerade: endlich Durchschnaufen! Sie befinden sich entweder noch oder seit Kurzem in den Semesterferien. Der Endspurt war für so manchen allerdings herausfordernd. Kein Wunder, dass sich heimische Nachhilfeinstitute über reges Interesse freuen. „Der Bedarf an und die Nachfrage nach Nachhilfe ist definitiv gestiegen“, sagt Michael Cerny vom Nachhilfeinstitut „Team plus“. Auch Irmela Kühnelt, Leiterin der IFL-Nachhilfe Steiermark/Kärnten, kann sich nicht über mangelndes Interesse beklagen: „Vor allem gegen Semesterende haben wir einen steigenden Bedarf bemerkt. Die Nachfrage ist auf dem Vorkrisenniveau“, sagt sie.

Darüber verwundert sind die Experten nicht: „Von den Schülern wird viel verlangt, der Leistungsdruck ist extrem“, weiß Angela Schmidt, Unternehmenssprecherin von Lernquadrat. Das vor dem Hintergrund, dass besonders Kinder aus prekären Verhältnissen seit Beginn der Pandemie angesichts von Schul- beziehungsweise Klassenschließungen zunehmend den Anschluss verloren haben, Lerndefizite aufweisen und für Lehrende teilweise nicht mehr erreichbar sind. „Aber auch gute Schüler haben immer wieder Aufholbedarf“, sagt Schmidt.

Schnelle Hilfe gesucht

Auffallend sei aktuell ganz besonders eines: der Trend zur Kurzfristigkeit. „Der ist definitiv da“, bestätigt Cerny. Schüler würden derzeit Unterstützung knapp vor Prüfungen und Schularbeiten suchen, nicht aber die Lernbegleitung während des ganzen Semesters. „Dabei würde die kontinuierliche Betreuung bei Kindern, die nicht so gut lernen, sinnvoller sein“, sagt Schmidt. Den Grund für diese Entwicklung sieht Cerny in der wirtschaftlichen Situation der Eltern: „Bei vielen ist einfach die Kaufkraft gesunken“, sagt der Leiter von Team plus. Aus der AK-Nachhilfebefragung 2021 (siehe Infobox) geht etwa hervor, dass 27 Prozent aller Eltern ohne Nachhilfe ihre Kinder gern in einen Nachhilfeunterricht geschickt hätten, diesen aber nicht organisieren und bezahlen konnten. Auffallend sei weiters, so die Erfahrungen von Schmidt und Cerny, dass die Schüler die Nachhilfe in Präsenz der Onlineversion vorziehen. Anders sieht das Kühnelt: „Bei uns wird das Online-Angebot sehr gut angenommen. Die Schüler schätzen, dass sie tagsüber in die Schule gehen und am Nachmittag Online-Nachhilfe bekommen“.

Einig sind sich die Anbieter allerdings darin, dass die Digitalisierung ein Riesengewinn sei. Wie sehr, zeigt auch das 2016 gegründete Wiener Start-up Go Student, das reine Online-Nachhilfe anbietet und eigenen Angaben zufolge mittlerweile drei Mrd. Euro wert ist („Die Presse“ berichtete). „Wir können jetzt Nachhilfeschüler online in ganz Österreich und nicht nur in Wien betreuen“, sagt auch Cerny. Aber nicht nur das: Angesichts der Tatsache, dass die Zahl von in Quarantäne befindlichen Schülern und Lehrern steigt, sei Online-Nachhilfe für beide Seiten eine gute Alternative, so Schmidt und Kühnelt. „Schüler müssen nicht auf die Unterstützung verzichten, weil sie oder die Nachhilfelehrer in Quarantäne sind. Und Nachhilfelehrer haben keine Ausfälle zu verzeichnen“, sagt Kühnelt. Dazu komme, dass in manchen Fächern, wie Mathematik, der Unterricht digital sogar besser sei. „Ich kann den Taschenrechner online teilen und gleichzeitig mit den Schülern nützen. Das geht im Präsenzunterricht nicht“, beschreibt Kühnelt. Nicht zuletzt werde durch den Online-Unterricht Flexibilität ermöglicht und Zeit eingespart. „Jetzt können Schüler online auch nur eine Einheit buchen, weil die Lehrperson nicht ins Institut kommen muss“, sagt Kühnelt.

Nachfrage ungebremst

Angesichts dieser Entwicklungen sind die Anbieter, die während der Schulschließungen teilweise deutliche Nachfrageeinbrüche verzeichneten, auch für das kommende Sommersemester optimistisch. „Für die Semesterferien hat es an mehreren Standorten eine verstärkte Nachfrage von Neukunden gegeben“, erzählt sie. Für den Beginn des Sommersemesters rechnet sie erfahrungsgemäß mit einer weiteren Zunahme an Anfragen. Das bestätigt auch die Lernquadrat-Sprecherin Schmidt: „Schüler oder deren Eltern wollen die Chance nutzen, schlechte Noten vor dem Jahreszeugnis auszubessern. Unsere Hochzeiten sind März, April und Mai.“

ZAHLEN

Insgesamt 37 Prozent der Schüler, also 367.000 Kinder und Jugendliche, haben im Schuljahr 2020/21 private Nachhilfe bekommen, das ist ein Plus von zehn Prozent.

Das geht aus der AK-Nachhilfebefragung 2021 im Rahmen der Schulkostenstudie hervor.

Die Gesamtausgaben der Eltern für Nachhilfe wurden mit rund 62 Mio. Euro beziffert, obwohl die kostenlose Nachhilfe durch Lehrer für Schüler 2021 von 13 Prozent auf 27 Prozent angewachsen war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2022)

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