Feststellungsantrag

Student sieht sich durch gendergerechte Sprache an Uni Wien diskriminiert

Wird nicht gegendert, gäbe es Punkteabzug, behauptet der Dolmetsch-Student. (Symbolbild)
Wird nicht gegendert, gäbe es Punkteabzug, behauptet der Dolmetsch-Student. (Symbolbild)Pixabay
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Ein Student der Translationswissenschaften klagt, weil er in Lehrveranstaltungen gendern muss. Die Uni Wien bekennt sich zur gendergerechten Sprache, diese sei aber keine Verpflichtung.

Ein Dolmetsch-Student geht gegen eine angebliche Vorgabe zur Verwendung gendergerechter Sprache bei Lehrveranstaltungen und Prüfungen an der Uni Wien vor. Mit einem Feststellungsantrag will er vom zuständigen Studienpräses die Klarstellung, dass er in wissenschaftlichen Arbeiten und Prüfungen ohne schlechtere Benotung das sogenannte generische Maskulinum verwenden darf. An der Uni verweist man darauf, dass es dafür gar keine generelle Regel gibt bzw. auf fachliche Gründe.

Als generisches Maskulinum wird die Verwendung der männlichen Form unabhängig vom Geschlecht der beschriebenen Personen bezeichnet - etwa "alle Studenten gehen an die Universität" (wobei sowohl männliche als auch weibliche Personen gemeint sind). Der Student der Transkulturellen Kommunikation (z.B. Dolmetschen, Übersetzen, Anm.) am Zentrum für Translationswissenschaft der Uni will klargestellt haben, dass "kein Organ der Universität Wien befugt ist, Studierende zur Verwendung einer 'gendergerechten Sprache' - was immer das auch heißen mag - zu verpflichten".

Gendern hebt Rollenbilder nachweislich auf

Die Verwendung von gendergerechter Sprache ist umstritten, ihre Wirkung jedoch wissenschaftlich belegt. Etliche Studien zeigen, dass Gendern die Wahrnehmung von Geschlechterrollen maßgeblich positiv beeinflusst. Werden in Texten dezidiert alle Geschlechter miteinbezogen, wirkt sich das auch auf die Vorstellungen in den Köpfern der Leserinnen und Leser auf. Ist etwa von Managerinnen und Managern die Rede, so steigt unterbewusst die Tendenz, sich auch eine Frau in der Position vorzustellen. In Schweden, wo bereits 2015 das geschlechtsneutrale Pronomen „hen“ eingeführt wurde, ist der Unterschied etwa empirisch belegt. Auch die oftmals kritisierte erschwerte Leserlichkeit von gegenderten Texten ist mittlerweile widerlegt. Das Gehirn überliest die Formulierungen nachgewiesenermaßen, der Lesefluss wird durch Binnen-I, Sternchen und Co. nicht gestört. Lediglich die Qualität der Texte ist für die Verständlichkeit ausschlaggebend.

Eine konkrete Bestimmung oder Textpassage in Uni-Bestimmungen wird in dem von Anwalt Gerald Ganzer eingebrachten Feststellungsantrag des Studenten nicht genannt. Vielmehr wird darauf verwiesen, dass der Student "ständig mit Lehrveranstaltungsleitern und Prüfern konfrontiert" sei, die die Verwendung des generischen Maskulinums verbieten und die Verwendung einer gendergerechten Sprache bindend vorschrieben - andernfalls gebe es Punkteabzüge. Dabei würde auch auf Richtlinien und Leitfäden zum geschlechtergerechten Sprachgebrauch verwiesen.

Die Uni Wien verweist darauf, dass man sich zum geschlechtergerechten Sprachgebrauch bekenne - in eigenen Schreiben verwende man diesen auch. Der dabei herangezogene Leitfaden "Geschlechtergerechte Sprache" stelle aber "keine Vorgabe für das Formulieren in Lehrveranstaltungen und Prüfungen/schriftlichen Arbeiten dar".

Lehrende können frei entscheiden

Lehrende könnten "im Rahmen ihrer akademischen Expertise entscheiden, ob und - wenn ja - in welcher Form sie geschlechtergerechte Sprache verwenden bzw. vorgeben". Die Universität mache hier keine Vorgaben. "Lehrende können aus fachlichen Gründen und mit Blick auf die Lehr- und Lernziele verlangen, geschlechtergerechte Sprache zu verwenden", heißt es weiter - falls sich dies auf die Noten auswirken soll, müsse dies "mit den Inhalten bzw. den Lehr-, Lernzielen der jeweiligen Lehrveranstaltung begründbar sein."

Darauf beruft sich auch der Studienprogrammleiter am Zentrum für Translationswissenschaften, Klaus Kaindl. Eine generelle Verpflichtung zur Verwendung gendergerechter Sprache gebe es nicht und auch keine schlechtere Benotung für jene, die sich nicht an die Leitlinie halten, so Kaindl im Online-"Standard". Es könne allerdings aus fachlichen Gründen vorkommen, dass in einzelnen Lehrveranstaltungen Texte zu Übungszwecken gendergerecht übersetzt werden müssen - dann sei dies auch notenrelevant. Schließlich gebe es auch in der Praxis Aufträge, bei denen dies vom Dolmetsch gewünscht wird.

(APA/red.)

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