Mein Freitag

Läuse im Magen, und nur mit Fieber darf man liegen

EPA
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Man hält sich an ungeschriebene Regeln von früher, auch wenn sie nie viel Sinn ergaben.

Das Schlimmste am Krankwerden ist das Gesundwerden“, sagt die Freundin am Telefon, und ich sage, bitte, wie? Das wünscht man doch Kranken am herzlichsten, die gute Besserung, und was gibt es Erstrebenswerteres? Nein, nein, sagt sie, natürlich klinge das frevelhaft, und sie sei froh, dass es ihr nach Tagen mit Fieber und Kopfweh besser gehe, aber dieser Zustand, wenn man aus dem Dämmern ins Licht trete und noch nicht fit sei, aber nicht mehr krank genug, um im Bett zu bleiben, sei einfach jämmerlich. Man sieht, was alles zu tun ist, kann es aber nicht tun.

Aber auch für die Umgebung ist ein ziellos herumwandernder Genesender keine unbeträchtliche nervliche Belastung. Meist wird auch viel geseufzt. Es würde allen besser gehen, wenn der Mensch im Bett bliebe und nicht die Doktrin befolgte, dass man dies nur bei Fieber dürfe. Diese Regel stammt aus einer Zeit, als man auch noch von Sodawasser Läuse im Magen bekam und quadratische Augen vom Fernsehen.

Mittlerweile bekommt man vom Fernsehen gar nichts mehr, dafür aber einen ziemlichen Pascher, wenn man zu viel Zeit mit der Spielkonsole verbringt. Dieses viel zu selten gebrauchte Wort kommt übrigens vom „Paschen“, dem rhythmischen Klatschen beim Gstanzl-Singen. Man könnte statt „Pascher“ auch „Klescher“ sagen, aber dann wäre mir nicht der Satz des Kollegen eingefallen, der auf den Bericht, er sei in der Redaktionskonferenz ausgiebig gelobt worden, sagte: „Und wer hat als Erster zu klatschen aufgehört?“

Das wiederum bezieht sich auf die nordkoreanischen Klatschorgien, bei denen es niemand wagt, als Erster aufzuhören, um nicht abtrünnig zu wirken und dann vielleicht exekutiert zu werden. Ein ähnliches Dilemma tut sich beim Verlassen von Whatsapp-Gruppen auf, auch wenn diese schon jahrelang nicht mehr aktuell sind (Oktoberfest, München). Am besten in allen Gruppen bleiben, sich an den Betreffs erfreuen und liegen bleiben, solang es noch nicht ganz licht ist.

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