Die Welt bis Gestern

Ohne Glück und Charisma: Karl I.

Kaiser Karl (hier mit Ehefrau und Kindern beim Truppenbesuch 1918): Vom Thron gestoßen ohne formelle Abdankung.
Kaiser Karl (hier mit Ehefrau und Kindern beim Truppenbesuch 1918): Vom Thron gestoßen ohne formelle Abdankung. [ Scherl/picturedesk.com ]
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Am 1. April des Jahres 1922 starb Kaiser Karl I. in seinem Exil auf der Insel Madeira. Seine Bilanz: An den wichtigsten Aufgaben des Amtes ist er letztendlich gescheitert.

Man ging nicht gnädig mit ihm um, nicht zu Lebzeiten und nicht danach. Sein Leben war kurz, nicht einmal 35 Jahre, das politische Leben überschaubar, knappe acht Jahre, die Zeit der Herrschaft noch kürzer, nur zwei Jahre, und dann kam schon die Kritik der Welt danach. Ist also Österreichs glückloser Kaiser Karl I. (1887–1922) nur eine Randnotiz in der Geschichte des Landes? Vergleicht man ihn mit seinem Vorgänger, der durch seine 68-jährige Regentschaft mehrere Generationen geprägt hat und zum Mythos wurde, muss man das bejahen. Für Verehrer von Franz Joseph I. war schon 1916 die habsburgische Monarchie zu Grabe getragen worden.

Karl kam mitten im Weltkrieg an die Macht, voll guten Willens, aber mit geringer Erfahrung, beseelt von der Idee des Reiches als übernationale Rechtsordnung und gewillt, den Völkern der Monarchie die Hand zu reichen. Wenn der junge Kaiser, der bis dahin nur eine militärische Karriere verfolgt hatte und ansonsten mit der Erledigung unwichtiger Akten betraut war, je einen „Masterplan“ für seinen Staat gehabt haben sollte, hätte er ihn ohnehin nicht verwirklichen können. „Kein Plan überlebt die erste Feindberührung“, sagte Preußens Feldmarschall Moltke. Wohl oder übel hatte sich der Kaiser, so wie seine Untertanen, dem Weltenlauf zu fügen. „Die löblichen Absichten des warmherzigen Herrschers gelangten stets zu spät zum Durchbruch“, hieß es recht wehmütig im „Tiroler Anzeiger“ vom 12. November 1918, als mit der Ausrufung der Republik gerade alles zu Ende ging.

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