Interview

Stefanie Reinsperger: „Ich bin wütend, und das ist gut“

Steffi Reinsperger: „Wut ist Leidenschaft. Wut ist etwas Heißes und Urweibliches.“
Steffi Reinsperger: „Wut ist Leidenschaft. Wut ist etwas Heißes und Urweibliches.“(c) SVEN SERKIS
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Schon als Kind musste sie Kommentare zu ihrem Körper schlucken. Wie oft sie schon „fette Sau" genannt wurde, hat Stefanie Reinsperger längst aufgehört zu zählen. Doch am schlimmsten waren für die Schauspielerin die Reaktionen, als sie 2017 in Salzburg die Buhlschaft spielte. Ein Gespräch mit einer Frau, die sich nichts mehr gefallen lassen will.

In Ihrem Buch „Ganz schön wütend“ bedanken Sie sich bei all jenen, die Sie je wütend gemacht haben. Beachtlich, so weit bin ich nicht. Warum bedanken Sie sich?

Stefanie Reinsperger: Ich war auch lang nicht so weit. Wut ist etwas, was uns Frauen schon als Mädchen abtrainiert wird. Uns wird gesagt: „Wut ist nicht schön“, „Wut sollst du nicht empfinden“. Dadurch haben wir zu dieser Emotion so einen komischen Zugang. Als Schauspielerin jedoch habe ich einen ganz anderen. Wut ist als Katalysator beim Spielen das Allertollste und Wichtigste – und sehr produktiv. Sie bringt das Gegenüber in eine Auseinandersetzung mit mir. Menschen, die mich wütend gemacht haben, kann ich heute – mit genügend Abstand – sagen: „Es war gar nicht so schlecht, dass ihr mich wütend gemacht habt, denn deshalb weiß ich ein paar Sachen mehr. Und das ist gut.“


Wut auf der Bühne hat ein anderes Image als Wut im Alltag. Wer wütet, gilt als unbeherrscht, aggressiv, unsouverän, labil . . .

Vor allem seit Corona hat sich da viel verändert. Immer wieder wurde von den Wutbürgern gesprochen. Aber: Wut ist etwas anderes als Hass. Ich werde vor allem wütend, wenn ich Ungerechtigkeit wahrnehme, tief in meinem Herzen spüre, dass etwas anders sein sollte. Dann will ich, dass man mit mir redet und überlegt, was man anders machen könnte. Wut ist eine Leidenschaft! Wut ist etwas Wallendes, Heißes und Urweibliches. Irgendwie ist dieses Verständnis in dieser patriarchalen Gesellschaft von uns weggerutscht. Wir schämen uns für unsere Wut. Und ich will, dass das anders wird. Ich will, dass wir über unsere Wut sprechen und über all das, was hinter ihr steckt. Wenn uns die letzten beiden Jahre etwas gezeigt haben, dann das, wie wichtig es ist, verstehen zu wollen und einander nicht gleich abzuurteilen.

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