Studienergebnisse

Am Alleinsein sind nicht soziale Medien schuld

Soziale Medien verdrängen ihre Vorgänger, wie TV und Print.
Soziale Medien verdrängen ihre Vorgänger, wie TV und Print.Getty Images (Atsushi Tomura)
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Die Nutzung sozialer Medien steigt, parallel schwindet die Zeit mit Freundinnen und Bekannten. Ein Zusammenhang ist allerdings nicht erkennbar, wie eine kürzlich veröffentliche Studie zeigt.

„Soziale Verdrängung“ - so bezeichnet man in der Wissenschaft die These, wonach Zeit, die mit sozialen Medien verbracht wird, jene mit engen Freundinnen und der Familie ersetzt. Schon länger geht man davon aus, dass diese Verdrängung das Wohlbefinden beeinträchtigt, weil eine das Wohlbefinden fördernde Aktivität durch eine weniger wertvolle oder teils sogar schädliche Aktivität ersetzt wird.

Sowohl für die schwindende Zeit persönlicher Interaktion als auch für die zunehmende Nutzung sozialer Medien gibt es jedenfalls ausreichend Beweise. Ob sich diese auch tatsächlich gegenseitig bedingen, oder anderweitig kausal zusammenhängen, wurde mittels großangelegter Studie chinesischer und US-amerikanischer Forschenden untersucht. Heranzogen wurden dafür jährliche abgefragte Daten zum Zeitverbrauch von Menschen in den USA, Großbritannien und Australien - seit 1995. Also bereits lange vor dem Aufkommen sozialer Medien bis heute.

Von Medienaktivität zu Medienaktivität

Sind soziale Medien also schuld an der schwindenden Zeit physischer Interaktionen? Eher nicht, lautet das - sehr vereinfachte - Fazit der Untersuchung. Das Forschungsteam kam zu dem Schluss, dass kaum kausale Beweise für den erwähnten Zusammenhang gebe. Die zunehmende Nutzung würde eher andere Medienaktivitäten verdrängen, etwa Radio, TV oder Printmedien.

Soziale Medien werden in der Regel genutzt, um nahestehende Personen zu erreichen, wenn sie physisch nicht verfügbar sind. Sie sind somit quasi ein Segen für die Beziehungspflege, so liest es sich in der Studie. Die Nutzung sozialer Medien steigt also vor allem dann, wenn enge Kontakte nicht physisch erreichbar sind, verdrängt aber nicht die Face-to-Face-Kommunikation.

Arbeit und Pendeln als Zeitfresser

Die schwindende Zeit persönlicher Interaktion ist unter anderem mit dem Trend zu Alleinsein zu erklären, herauskristallisiert hat sich dieser schon in den Neunzigerjahren. Mangelnde Zeit für Freundinnen sei vor allem auf die Arbeit oder das Pendeln zur Arbeit zurückzuführen. Expertinnen und Forschern macht der Trend zur Vereinsamung sorgen.

In der Tat gibt es zahlreiche Belege für eine höhere Lebenszufriedenheit bei engem Kontakt zu Freundinnen und zur Familie. Der Effekt ist bei physischer Interaktion natürlich größer, als bei reiner Online-Kommunikation, allerdings kann digitales Kontakthalten bei Abwesenheit einer Person erheblichen Mehrwert bringen.

(evdin)

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