Kirche

Österreichs Kirche als Avantgarde

Nach der ersten Messe in neuen liturgischen Formen: Pius Parsch 1922 mit seinen Gläubigen bei der St.-Gertrud-Kapelle Klosterneuburg.
Nach der ersten Messe in neuen liturgischen Formen: Pius Parsch 1922 mit seinen Gläubigen bei der St.-Gertrud-Kapelle Klosterneuburg.(c) Pius-Parsch-Institut
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Der Klosterneuburger Priester Pius Parsch begann vor hundert Jahren mit seiner liturgischen Reformbewegung und einer völlig neuen Art der Messfeier, die Furore machte.

Im letzten Halbjahr war unser Regiment in Kiew, der Hauptstadt der Ukraine, stationiert. Die vielen goldkuppeligen Kirchen dieses russischen Roms machten auf mich großen Eindruck. Das Mönchsleben, der feierliche Gottesdienst, z. B. in der Osternacht, zogen mich mächtig an.“ Der Augustiner-Chorherr Pius Parsch aus Klosterneuburg, der sich im Ersten Weltkrieg freiwillig als Militärseelsorger für die österreichisch-ungarische Armee gemeldet hatte, hätte sich nicht träumen lassen, dass er einmal so tief bewegt sein könnte von den Riten der Ostkirche, auf die er in der Bukowina und Galizien immer wieder stieß.

Die Karwoche 1918 verbrachte er in den orthodoxen Kirchen Kiews, wo die Osterandacht als nächtliche Feier begangen wurde. Was ihm hier auffiel, war „das Bestreben der Gläubigen, mit der Handlung des Priesters in Fühlung zu bleiben“. Bei diesem Ritus würde „das Volk vom Anfang bis Ende beschäftigt, sozusagen stets in Atem gehalten. Deshalb liebt das Volk der Ostkirche auch so heiß seine Liturgie“, so Parsch. Die Eindrücke sollten ihn nie wieder loslassen.

Er fühlte sich durch diese Art des aktiven Mitfeierns erinnert an eine längst verschüttete Tradition des frühen Christentums. Lesungen und Predigten waren in der Volkssprache, man war eingebunden, durch Prozessionen mit Gesängen und Gebeten, es war ein Geben und Empfangen, das durch die spätere Klerikalisierung der Liturgie zurückgedrängt wurde. „Ein Messopfer der alten Kirche war ein Drama, ein heiliges Spiel, an dem die ganze Gemeinde mit dem Klerus mitwirkte.“ Parsch stellte ein allmähliches Abrücken der Gläubigen vom Geschehen vor dem Altar fest, das damit begann, dass die Sprache der Liturgie, das Lateinische, nicht mehr verstanden wurde. So kam die Wendung hin zu reinem Besuchen, Anhören, Zuschauen.

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