„Il barbiere di Siviglia“ bei den Pfingstfestspielen in Salzburg: Über dominante Liebende, ein Orchester als Hauptdarsteller und eine Gag- und Materialschlacht.
Gegen Ende, wenn nahe der Dreieinhalbstundengrenze doch noch trickreich die Liebesheirat über die Bühne geht und der Graf endlich seine Maske fallen lässt, die hier die Maske des Zorro ist, passiert nochmals Ungewöhnliches. Klar, dass sich Edgardo Rocha als Almaviva seine große, prunkvolle Arie nicht entgehen lässt: Die Anfangsnervosität war längst verflogen, nun konnte er nochmals mit Koloraturgewandtheit, Phrasierungseleganz und Wohlklang abräumen. Dass Rocha sich aber die brillant perlende Cabaletta mit Cecilia Bartolis Rosina teilte und die beiden die Nummer zu einem Duett umfunktionierten, machte den späten Showstopper so erst recht zum vermeintlichen, umjubelten Finale.
Doch noch im Bühnenkuddelmuddel des Hochzeitsfinales bandelt dieser Hallodri schon mit einer anderen an. Klar, das deutet auf die Fortsetzung voraus, die Mozart in „Le nozze di Figaro“ komponiert hat. Dass hier, sozusagen bei dessen Prequel, also Gioachino Rossinis „Barbiere di Siviglia“, dem Regisseur Rolando Villazón dafür keineswegs ein einmaliger Wechsel tiefer außerehelicher Blicke als Andeutung reicht, sondern das kommende Gspusi mit mehrfachem, kräftigem Geturtel untermauert werden muss, passt genau in seine Lesart. Denn Villazón überträgt den umfassenden Schauspieldrang von Shakespeares Zettel auf die Regie. „Lasst mich einen Löwen auch inszenieren!“, scheint er ständig zu flehen – und erfüllt sich seine eigenen Wünsche prompt.