Die einst mächtigste politische Kraft in Europa ist dezimiert und in keinem einflussreichen Mitgliedsstaat mehr am Ruder. Nach der nächsten Europawahl könnte ihr Anspruch auf den Chefposten in der Europäischen Kommission verloren gehen - erstmals seit drei Jahrzehnten.
Eines muss ich mir heute von der Leber schreiben, ehe ich mich dem eigentlichen Thema dieser Ausgabe des Brüssel-Briefings zuneige: Mich beunruhigt die Vorstellung vieler Zeitgenossen, nur als EU-Mitglied könne die Ukraine eine wohlhabende, stabile und pluralistische Demokratie werden. Das würde nämlich bedeuten, dass sie es möglicherweise nie wird. Und was dann? Der Kreml gewinnt.
Denn die EU-Chefs werden zwar beim Europäischen Rat am Donnerstag den Kandidatenstatus für die Ukraine bejahen. Aber das heißt bei Weitem nicht, dass Kiew der Eröffnung von Beitrittsverhandlungen, geschweige denn einer Mitgliedschaft in der Union wesentlich näher gekommen ist. „Hier geht es stark um Symbolisches“, sagte mir ein europäischer Botschafter am Mittwoch. „Was genau ändert sich für die Ukraine? In Wirklichkeit nichts“, erklärte ein anderer. „Wir haben schon ein weitreichendes Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. Das deckt bereits einen Großteil des Acquis ab. Ich hoffe, sie fühlen sich unterstützt, aber es muss eine Menge in der Ukraine passieren, bevor wir über weitere Folgen reden können.“
Und überhaupt: Die jüngere europäische Geschichte seit der großen Erweiterungswelle im Jahr 2004 zeigt, dass einige der neuen EU-Mitglieder weder wohlhabende noch stabile und schon gar nicht pluralistische Demokratien geworden sind. Dieser Glaube an Zauberkräfte der EU-Mitgliedschaft, der nicht nur in der Brüsseler Politikmaschinerie, sondern auch in weiten Teilen des akademischen Apparates vorzuherrschen scheint, wirkt mir ziemlich schlecht informiert und kontraproduktiv.
Doch nun zum eigentlichen Thema dieser Zeilen, nämlich: dem rasanten Schwund der Europäischen Volkspartei.