Jede Substanz weist irgendeine Art der „Giftigkeit“ auf. Die „Ungiftigkeit“ unserer Umwelt als politisches Ziel ist daher fehlleitend.
DER AUTOR
Thomas Jakl (*1965) ist Erdwissenschaftler und Biologe. Er arbeitete bis 1991 an der Universität Wien und wechselte dann in das Umweltministerium. Soeben erschienen seine gesammelten Gastkommentare aus „Presse“, „Furche“, „Kurier“ und „Wiener Zeitung“ als Buch unter dem Titel: „Wie bio ist der Bobo?“ (MyMorawa).
Der Oxford-Physiker David Deutsch zieht im Interview mit dem deutschen Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ (14/22) gar heftig vom Leder, wenn er meint: „Das Vorsorgeprinzip ist ein Übel. Wenn Sie alles Neue unterdrücken, weil es unvorhergesehene Nebeneffekte haben könnte, dann behindern Sie den Fortschritt . . .“
Irreversibler Schaden
Abgesehen davon, dass eine kritische Haltung zum Vorsorgeprinzip im angloamerikanischen Sprachraum Tradition hat, liegt dem harschen Ausritt des Herrn Deutsch ein fehlgeleitetes Verständnis zugrunde. Das Prinzip der Vorsorge, wie es im internationalen und europäischen Recht festgelegt ist, besagt, dass bei einer bestehenden Bedrohung vor ernstem, irreversiblem Schaden das Fehlen wissenschaftlicher Gewissheit nicht als Begründung dienen darf, um Maßnahmen zur Vermeidung von Umweltschäden hintanzuhalten (etwa „Bergen“ ECE Ministerdeklaration, 1990).