Brüssel-Briefing

Energiekrise? Welche Energiekrise?

Ursula von der Leyen
Ursula von der Leyen APA/AFP/Ritzau Scanpix/MADS CLAU
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Seit Oktober vorigen Jahres rufen die 27 EU-Chefs die Europäische Kommission zusehends ungeduldig auf, Vorschläge gegen den rasanten Anstieg der Energiepreise zu erarbeiten. Doch deren Präsidentin Ursula von der Leyen weicht dieser ihr lästigen Aufgabe beharrlich aus.

Wer die Pressekonferenz der Europäischen Kommission vom Dienstag verfolgt hat, musste zum Schluss kommen, dass die Energiekrise, in der Europa seit vorigem Herbst immer tiefer versinkt, noch nicht wirklich im Berlaymont-Gebäude, dem Sitz der Kommission, angekommen ist. Ziemlich tiefenentspannt ließen die Sprecher unsere Fragen nach den ungeduldig erwarteten Vorschlägen der Kommission, wie die Aufwärtsspirale von Gas- und Elektrizitätspreisen zu durchbrechen sei, abperlen. Zur Erinnerung: am Freitag nächster Woche findet ein Krisentreffen der EU-Energieminister statt, bei dem konkrete Maßnahmen zur Eindämmung der Preiseskalation getroffen werden müssen. Doch das können sie nur, wenn die Kommission ihnen konkrete Rechtsvorschläge präsentiert. „Es ist wichtig, den Mitgliedstaaten zuzuhören“, gab jedoch Eric Mamer, Leiter des Sprecherdienstes zu Protokoll. „Die Kommission wird so bald wie möglich Vorschläge präsentieren, die der Aufgabe gerecht werden."

Moment: wir Korrespondenten, aber auch die Vertreter der nationalen Regierungen, waren der Ansicht, dass die Kommission diesen Sommer dafür genutzt hat, eben solche Vorschläge auszutüfteln. „Vielleicht haben sie den Schulstart verschlafen?“, unkte eine Diplomatin eines Mitgliedstaates, als ich sie nach den möglichen Gründen der Säumigkeit der Kommission fragte. Das Ministertreffen am 9. September soll schließlich kein Plauderkreis werden, bei dem jeder Minister davon erzählen darf, wie angefressen seine Bürger daheim über ver-x-fachte Strom- und Gasrechnungen sind. Doch die Kommissionssprecher ließen generell in dieser Frage nicht den Eindruck entstehen, sie seien von großer Sorge getrieben. Auf meine Frage, ob nach Ansicht der Kommission bereits jetzt jene Krisensituation am Gasmarkt eingetreten sei, welcher die seit Anfang August geltende EU-Verordnung zum Einsparen von Gas vom Prinzip Freiwilligkeit auf eine notfalls vor dem Gerichtshof der EU per Vertragsverletzungsverfahren einklagbare Sparpflicht aufrüsten würde, gab der zuständige Sprecher tiefenentspannt an: „Wir sind nicht in einer Situation, wo wir eine derartige Notlage sehen."

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