Europa League

Charaktertest für Sturm Graz nach der "Anti-Sternstunde"

Enttäuschter Sturm-Spieler
Enttäuschter Sturm-SpielerREUTERS
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Knallharte Analyse und die richtige Reaktion sind bei Sturm Graz nach dem 0:6-Debakel bei Feyenoord Rotterdam gefragt.

Die Folgen des Debakels von Rotterdam waren zunächst schwer abzuschätzen. "Das ist jetzt ein Charaktertest. Wir haben es komplett verhaut, aber das ist ein Spiel", sagte Sturm-Goalie Jörg Siebenhandl nach dem 0:6 des Fußball-Vizemeisters bei Feyenoord in der Europa League. Der drohende längere Ausfall von Stürmer Emanuel Emegha und die laut Augenzeugenberichten harten Bandagen der Polizei gegenüber den Grazer Fans trübten die Stimmung am Donnerstagabend zusätzlich.

Christian Ilzer hing die von ihm als "Anti-Sternstunde" titulierte Vorstellung ebenso in den Knochen wie den zahlreichen mitgereisten Anhängern. Die klagten vor dem gebrauchten Stadionerlebnis über Polizeigewalt, und blieben deshalb auf den Rängen stumm. "Ich habe natürlich auch gehört, wie sie behandelt worden sind von der Polizei. Man hat sie vorne gestoppt und hinten angetrieben und mit Stöcken geschlagen", schilderte der Coach. Solch unverständliche Aktionen würden ihn "sehr, sehr traurig" machen, so Ilzer. "Das motiviert uns umso mehr, in Graz etwas zu zeigen, das unseren Fans das Herz aufgehen lässt."

Das Ansinnen, nach dem Auftaktsieg über Midtjylland auch in Rotterdam ein europäisches "Highlight zu bieten", wie Ilzer erklärte, ging denkbar schief. Am Ende war Feyenoords Heimstätte "De Kuip" Schauplatz der höchsten Europacup-Niederlage der Sturm-Geschichte. "Man kommt hier her und möchte Geschichte in die andere Richtung schreiben. Es ist natürlich kein schöner Moment, dass man hier in dieser Wanne so untergeht", meinte Ilzer und versprach: "Ich werde schnell Wege finden, um aus dieser Niederlage etwas Positives rauszuziehen, damit es in dieser Art und Weise nicht mehr passiert."

Zu viele Fehler

Der fußballerischen Qualität der Niederländer hatte Sturm an diesem Tag nichts entgegen zu setzen. Schon nach 45 Minuten hatte Feyenoord - in der jüngeren Vergangenheit meist die dritte Kraft im eigenen Land hinter Ajax Amsterdam und PSV Eindhoven - mit 4:0 alles klar gemacht. "Es ist schwierig, wenn du nicht ins Pressing kommst und jeder Schuss vom Gegner ein Tor ist", seufzte Siebenhandl. "Wir sind ihnen öfters ins offene Messer gerannt."

Der Goalie leitete das Tennis-Ergebnis mit einem Stellungsfehler selbst ein. Doppelpacker Alireza Jahanbakhsh bedankte sich mit einem Schuss ins offene kurze Eck. "Das ist für mich auf ein Lernpunkt, den nehme ich mit", meinte Siebenhandl dennoch nicht bierernst. "Ich bin auch noch nicht so alt, dass ich nichts mehr zu lernen habe."

Dass in der Gruppe F an guten Tagen durchaus etwas zu holen ist, wissen die Grazer seit dem 1:0-Sieg gegen Midtjylland. Dass die Dänen im Spiel darauf den kommenden Sturm-Gegner Lazio mit einem 5:1 nach Rom retour schickten, dürfte diese Meinung verfestigen. "Es haben alle drei Punkte", kennt auch Gregory Wüthrich den Tabellenstand. "Wir werden wegen einem Spiel jetzt sicher nicht den Kopf hängen lassen", betonte der Abwehrchef. "Wir werden die Fehler korrigieren und weitermachen."

Wie lange fällt Emegha aus?

Sorgen bereitet Ilzer allerdings die Situation im Angriff. Emegha, der die von Rasmus Höjlund verkörperten Attribute "Wucht" und "Tiefgang" laut Ilzer immer besser verkörpere, zog sich bei einem Zweikampf mit ÖFB-Verteidiger Gernot Trauner eine Verletzung am Schultereckgelenk zu. Eine MR-Untersuchung soll feststellen, ob der junge Niederländer mit konservativer Therapie um eine OP herumkommt. Trauner entschuldigte sich danach artig: "Es tut mir wirklich leid, dass eine Verletzung passiert ist. Ich hoffe, es ist nicht zu schwer."

Ohne Emegha fehlten Sturm wichtige Facetten. "Wir haben heute gemerkt, dass wir dann keine Tiefe mehr hatten und diese Aggressivität in der ersten Linie nicht mehr bringen konnten", sagte Ilzer. In der Suche nach Alternativen wirkte der Trainer im ersten Moment noch relativ ratlos, zumal der spät zum Team gestoßene Albian Ajeti "noch weit weg von Matchfitness" sei. Deshalb werde es in den kommenden Stunden gewiss "rattern im Kopf des Trainers", so Ilzer. Er durfte immerhin Otar Kiteishvili in der zweiten Hälfte nach langer Verletzungspause einwechseln. Dass nach dem Heimspiel gegen Lustenau eine Länderspielpause ansteht, wird die Steirer dennoch wenig stören.

(APA)

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