Glaubensfrage

Österreich-Beitrag zur Synode des Papstes – ein Tagtraum

Am Mittwoch wird der Österreich-Beitrag zur Synode des Papstes veröffentlicht. Die Bischöfe, Orden und alle Laienorganisationen formulieren dafür einen »Beipacktext«. Ein Tagtraum.

Liebe Mitmenschen!

Wir wenden uns an Sie, gleichgültig, ob Sie Kirchenmitglied sind oder nicht, ob Sie einer Glaubensgemeinschaft angehören, ihr nahestehen oder nicht. Gemeinsam ist uns allen, Komplizen der Zeit zu sein.
Wir sind Zeugen geopolitischer, wirtschaftlicher und sozialer Verwerfungen, die undenkbar schienen. Trotzdem wollen wir den Blick nicht nur auf die Schatten, sondern bewusst auch auf das Licht werfen. Nicht, weil wir hoffnungslose Optimisten, sondern weil wir hoffnungsvolle Realisten sind.

Wir haben österreichweit Anliegen in Gruppen, Klassen, Pfarren, Orden und anderen Gemeinschaften gesammelt, zusammengefasst und an den Vatikan gesendet. Die Wünsche und Kritikpunkte betreffen vor allem Fragen der Struktur und Organisation der katholischen Kirche. Das ist sehr wichtig.

Ebenso wichtig ist, ob und wie wir als Gemeinschaft für die Gesellschaft wirken. Wir wollen heute ein Versprechen abgeben. Wir, das sind die Bischöfe, Ordensoberen, Präsidentinnen und Präsidenten, die Vorsitzenden aller Laienorganisationen, von den Kindern bis zu den Älteren. Wir – das ist die katholische Kirche, in der alle Getauften gleichwertiger Teil sind, ob geweiht oder nicht.

Wir verpflichten uns dazu, hier in Österreich umzusetzen, was Papst Franziskus, wie er selbst mehrfach erklärt hat, besonders wichtig erscheint: sich von jeder Form des Klerikalismus abzuwenden. Wir wollen den vielleicht mühsamen, aber zielführenden Weg hin zu einer synodalen Kirche einschlagen. Einer Kirche, in der wir alle abseits von Hierarchien auf selber Augenhöhe einander mehr zuhören, um so auch die Qualität von Entscheidungen und deren Akzeptanz zu erhöhen.

Dass dieser Prozess unter gleichwertiger Beteiligung von Frauen wie Männern geschieht, erachten wir als Selbstverständlichkeit. In Anwendung dessen verpflichten wir uns dazu, gemeinsam auf Österreich-Ebene regelmäßige Beratungen durchzuführen und darüber zu informieren. Eine Kirchenkonferenz löst die Bischofskonferenz ab.

Wir verpflichten uns dazu, jährlich zumindest in jeder Landeshauptstadt eine Art Leistungsschau zu veranstalten. Dabei soll öffentlich gezeigt werden, was die vielfältigen Organisationen der katholischen Kirche anzubieten haben, woran sie arbeiten, woran sie (noch) scheitern, was ihre Mission für die Gesellschaft und jede einzelne Person ist.

Das sind unsere Angebote. Die Sie annehmen oder verwerfen mögen. Was immer Sie davon halten: Wir vertrösten nicht auf ein Jenseits. Unseres Engagements für die Welt und jeden Einzelnen dürfen Sie sich sicher sein – und, auch wenn Sie es vielleicht nicht verstehen, unseres Gebets.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

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