Westerwelle lehnt trotz anhaltender Kritik Rücktritt ab

Westerwelle lehnt trotz anhaltender
Westerwelle lehnt trotz anhaltender(c) EPA (FRANK SENFTLEBEN / EHFK HANDOUT)
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Die Umfragewerte für die FDP sind miserabel, innerhalb der Partei ist der Vorsitzende Westerwelle umstritten: Er sei sogar Klotz am Bein. Aber Westerwelle "will das Deck nicht verlassen, wenn es stürmt".

Ungeachtet der anhaltenden Kritik aus den eigenen Reihen lehnt der Chef der deutschen Freidemokraten (FDP), Guido Westerwelle, einen Rücktritt ab. "Ich verlasse das Deck nicht, wenn es stürmt. Ich arbeite daran, dass wir wieder auf Erfolgskurs kommen", sagte er gegenüber der Zeitung "Bild am Sonntag". Dabei werde er von einem großartigen Team unterstützt.

Der hessische FDP-Landeschef Jörg-Uwe Hahn forderte den Bundesvorsitzenden auf, beim Dreikönigstreffen seinen Rückzug anzukündigen. Bei einer internen Runde habe er Westerwelle geraten, am 6. Jänner in Stuttgart den Verzicht auf eine erneute Kandidatur beim Parteitag im Mai anzukündigen, bestätigte Hahn. Nach ihrem Rekordergebnis von 14,6 Prozent bei den Bundestagswahlen 2009 liegt die Partei in den Umfragen derzeit zwischen vier und sechs Prozent.

Westerwelle betonte, er habe in den vergangenen Wochen und Monaten nicht an Rücktritt gedacht. Phasen mit anstrengend schlechten Umfragezahlen habe er mehr als einmal erlebt. Kurz danach habe die FDP dann deutlich bessere Wahlergebnisse gehabt. Der Vorsitzende kritisierte, bei einigen Wortmeldungen könne er nicht erkennen, wie diese für die Partei hilfreich sein sollten. Die FDP solle sich mit den Problemen der Menschen beschäftigen "und nicht mit uns selbst".

"Haben nicht genug geliefert"

Westerwelle räumte jedoch Fehler ein. "Mit dem Wahlergebnis haben wir gewaltige Erwartungen geweckt. Da haben wir am Anfang nicht genug geliefert." Er sehe aber mit Zuversicht auf die kommenden Urnengänge in mehreren Ländern. "Wenn wir uns mit den Problemen der Menschen beschäftigen und nicht mit uns selbst, bin ich sicher, dass wir die Landtagswahlen im Frühjahr erfolgreich bestehen werden." Es gehe nicht darum, Umfragen zu gewinnen, sondern Wahlen.

Seine Kandidatur im Mai ließ Westerwelle offen. "Personalfragen diskutieren wir zuerst in den Gremien und dann in der Öffentlichkeit", antwortete er auf eine entsprechende Frage. "Aber ich muss nicht verschweigen, dass ich Freude an meiner politischen Arbeit für die einzige liberale Partei in Deutschland habe."

Westerwelle als "Klotz am Bein"

Kritik kam erneut aus dem rheinland-pfälzischen Landesverband, dem der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle vorsteht. Der Parlamentarische Geschäftsführer Günter Eymael sagte im Deutschlandfunk, die Ursachen für den Abwärtstrend der FDP hingen direkt mit der Bundespolitik und dem Bundesvorsitzenden zusammen. Die Liberalen wollten im März in seinem Bundesland die Wahl gewinnen. Westerwelle sei aber "mit seinem Kurs und seinem Abwärtstrend derzeit ein Klotz am Bein".

Mit ähnlicher Wortwahl hatte vor wenigen Tagen der FDP-Spitzenkandidat in Rheinland-Pfalz, Herbert Mertin, für Aufregung gesorgt. Zugleich hatte er Westerwelle von Wahlkampfauftritten ausgeladen. Vertreter der baden-württembergischen FDP hatten Westerwelle zudem per Brief aufgefordert, spätestens zu Heiligdreikönig den Verzicht auf eine weitere Kandidatur anzukündigen.

Würden an Einzug in Parlamenten scheitern

Hintergrund der Krise ist das anhaltende Umfragetief der Liberalen. Wenn am kommenden Sonntag Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wären, würde die FDP Emnid-Befragungen zufolge mit jeweils vier Prozent in beiden Parlamenten an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. In der Partei werden Westerwelle persönliche Fehler und ein unglückliches Agieren vorgeworfen. Ein "Focus"-Bericht, wonach die hessische FDP für Februar einen Sonderparteitag zur Abberufung Westerwelles plant, wurde nicht bestätigt. Davon sei ihm nichts bekannt, sagte ein Sprecher in Wiesbaden.

Parteitag im Mai wird Tag der Entscheidung

Laut dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" trugen Fraktionsvorsitzende aus sieben Ländern Westerwelle bereits bei einem geheimen Treffen Anfang Dezember vor, welche Belastung er für ihre Wahlkämpfe im Jahr 2011 bedeute. Dieser habe die Vorwürfe zurückgewiesen. Weiter berichtet das Magazin, ein "Mister X" werde beim Parteitag im Mai notfalls gegen Westerwelle antreten, falls dieser erneut kandidiere. Der Name des Vorstandsmitglieds werde von dem kleinen Kreis seiner Unterstützer aber noch geheim gehalten.

Angesichts der zugespitzten Lage war in den vergangenen Tagen selbst ein rascher Rücktritt Westerwelles nicht ausgeschlossen worden. In mehreren Krisengesprächen versicherte sich Westerwelle der Rückendeckung wichtiger Machtpfeiler, so etwa seines Landesverbands in Nordrhein-Westfalen. Mehrere führende FDP-Politiker stellten sich öffentlich hinter Westerwelle. Der als Nachfolger gehandelte Brüderle sagte der "BZ am Sonntag", die FDP wolle aus dem Umfragetief "mit dem Team, das mit Geschlossenheit bei der Bundestagswahl unser bestes Ergebnis von fast 15 Prozent erreicht hat".

Fraktionschefin Birgit Homburger forderte im "Tagesspiegel am Sonntag" ein Ende der "unsinnigen Personaldiskussionen". Die Frage einer Nachfolge für Westerwelle stelle sich nicht. Die bayrische FDP-Vorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warb für eine einvernehmliche Lösung. Es bringe die FDP nicht weiter, wenn sie öffentlich Persönlichkeiten demontiere. Westerwelle werde jedoch mit Sicherheit in der Ruhe der Weihnachtszeit für sich selbst "überlegen, wie er auch am besten was für die FDP tun kann".

(Ag.)

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