Seit den frühen 2000er-Jahren gibt der Kreml jährlich Dutzende Millionen Euro aus, um der ganzen Welt zu beweisen, dass die russische Kultur nicht nur in der ehemaligen Sowjetunion, sondern auch außerhalb Osteuropas die Oberhand hat.
Am 24. Februar 2022 wurde das Leben aller Bürger der Ukraine brutal in die Zeitspanne „vor dem Krieg“ und „während des Krieges“ gespalten. Natürlich hoffen wir alle, dass es auch eine Zeit „nach dem Krieg“ geben wird, aber diese Möglichkeit ist für viele bereits auf tragische Weise unerreichbar geworden. Und für den Rest von uns liegt das Kriegsende noch in weiter Ferne.
Viele Ukrainer glauben, dass der gegenwärtige Krieg bereits 2014 mit der Annexion der Krim und dem plötzlichen Auftauchen der sogenannten separatistischen Republiken auf Landkarten des ukrainischen Staatsgebiets begann. Russland hatte erklärt, dass es sich nicht am Krieg beteilige, sondern nur die Separatisten unterstütze und „die historische Gerechtigkeit“ auf der Krim „wiederherstelle“. Aber das war gleichzeitig der Moment, in dem Russland direkte Kampfhandlungen im Donbass unternahm und mit ganzen Artilleriebrigaden in die Ukraine einmarschierte, um die Stadt Ilowajsk zu attackieren und die Stadt Debalzewe zu erobern.
Tatsächlich aber hatte Russland den Krieg um die kulturelle Vorherrschaft über die Ukraine und andere ehemalige Sowjetrepubliken schon viel früher erklärt. Seit den frühen 2000er-Jahren gibt der Kreml jährlich Dutzende Millionen Euro aus, um der ganzen Welt zu beweisen, dass die russische Kultur nicht nur in der ehemaligen Sowjetunion, sondern auch außerhalb Osteuropas die Oberhand hat. Der Kreml erkaufte sich Russlands Einladung als Ehrengast auf sämtlichen internationalen Buchmessen. Und wenn Russland bereits Gastland war, wie zum Beispiel auf der Pariser Buchmesse 2005, dann wurde ein paar Jahre später Sankt Petersburg dort zum geladenen Gast, und dann Moskau und so weiter.
Die ständigen Sendungen auf Russia Today über die großartige russische Kultur dienen dazu, das ausländische Publikum davon zu überzeugen, dass es in der Welt schlichtweg keine mächtigere und wichtigere Kultur gibt als die russische. Und die Satellitenfernsehsender Kultura, Nostalgija und viele andere haben sich große Mühe gegeben – und tun dies auch weiterhin –, damit russischsprachige Zuschauer weltweit – ehemalige Bewohner der UdSSR, egal, in welchem Land sie nun leben – mit übertrieben geschwellter Brust stolz sind auf die Errungenschaften der russischen Kunst.