Pizzicato

9 Plätze, 9 Schätze, 9 Gender

Greber
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Im ORF-Frühstücksfernsehen waren sie kürzlich wieder voll korrekt: Es ging um die feine Show „9 Plätze – 9 Schätze", bei der man am Nationalfeiertag den schönsten Ort im Land wählt.

Bei „Guten Morgen Österreich" werden die Kandidaten vorgestellt – oder besser, wie der Moderator jüngst sagte, „die Landessiegerinnen und Landessieger". Hä? Nun, es stehen heuer gleich sieben Orte in weiblicher Form zur Wahl, etwa die Donatuskapelle im Burgenland, die Liechtensteinklamm in Salzburg, die Üble Schlucht in Vorarlberg. Einzig der Fernsteinsee in Tirol ist der Quotenmann, das steirische Friedenskircherl am Stoderzinken sozusagen der Genderstern. Eigentlich voll diskriminierend!

Aber nein: Es sind Orte, also Sachen. Nur der Moderator sah sie kraft sprachmagischer Ideen wohl in vermenschlichter Form oder geisterhaft beseelt wie in Sagen und Märchen und genderte sie, auf dass durch Sprachzauber das Denken und die Welt besser würden. Doch ihr Geschlecht ist bloß grammatisch, nicht biologisch - hamma das nie gelernt oder was? Man sehe etwa die Sache mit dem Besteck: Das Messer ist sächlich, obwohl man's oft mit Männern assoziiert, der Löffel trotz seiner Rundungen männlich und die Gabel weiblich, aber ebenso keine ♀ wie die Lüge, die Einbildung und die Melone, obwohl Letztere jetzt Italien regiert, sogar im Plural, obwohl sie dort ♂ ist (il melone).

Im Französischen hingegen ist das Messer (le couteau) sehr wohl männlich, der Löffel (la cuillère) weiblich, die Gabel (la fourchette) ebenso. Wahnsinnig systemisch patriarchalisch auch, diese Sprachentwicklung, harhar.

Ja ja, die Grammatiken und Grammatiker der Welt sind schwierig. Ich wollt das nur mal umgekehrt gendern. Klingt ebenso doof.

Reaktionen an: wolfgang.greber@diepresse.com

Greber

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2022)

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