Klimaaktivisten kleben sich auf Strasze in Muenchen fest
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Mitreden beim Klimaaktivismus: Wie weit darf Protest gehen?

Straßenblockaden und beschmierte Kunstwerke: Mit umstrittenen Aktionen machen Klimaschützer auf ihre Anliegen aufmerksam. Heiligt der Zweck die Mittel? Diskutieren Sie mit!

Ausgerechnet vor der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Ägypten nimmt die schwelende Diskussion über die fragwürdigen Methoden der Klimaaktivisten an Fahrt auf. Grund ist ein Verkehrsunfall in Berlin. Eine Radfahrerin erlag nach mehreren Tagen ihren schweren Verletzungen. Es gab Vorwürfe, die Rettung sei wegen einer Straßenblockade der Protestgruppe "Letzte Generation“ verzögert worden. Zwei Aktivisten, die sich an einer Brücke festgeklebt hatten, wurden wegen unterlassener Hilfeleistung angezeigt. Nach Einschätzung der behandelnden Notärztin beeinträchtigte der Stau, den die Aktivisten auslösten, die Rettung der verunglückten Radfahrerin aber nicht.

Die Kritik fällt dennoch heftig aus, die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert, ein Verbot der „Letzten Generation“ zu prüfen.  Die Gruppe zeigte sich bestürzt vom Unfall, bekräftigte aber zugleich, mit dem Protest weiterzumachen, denn: „Größtes Risiko für die Menschheit ist, den Alltag einfach weiterzumachen.“ Mehr Details lesen Sie hier.

Umstritten ist auch der Aktivismus in Museen, der genauso wie die Straßenblockaden weltweit an Fahrt aufnimmt. Anne Catherine Simon erinnert in ihrer Kolumne „Einspruch“ an Aktionen in der Vergangenheit. Etwa an die Feministin Mary Richardson, die 1914 mit einem Beil auf Velázquez' „Venus“ los ging – und ihr sieben Schnitte versetzte. Simon schreibt: „Wie bedroht die Kunstwerke in Museen sind, hängt wohl von einer alten Frage ab: Wie viel Schmerz sind Aktivisten um der „Rettung“ einer Gesellschaft willen bereit, einer Gesellschaft zuzufügen?"

Querschreiberin Anna Goldenberg schreibt: „Es liegt in der Natur des zivilen Ungehorsams, dass sich die Protestierenden über das geltende Gesetz – das sie als verbesserungswürdig erachten – stellen.“ Sie meint auch: „Veränderung geschieht selten, weil Menschen denken, dass sich etwas verändern muss – sondern weil sie es fühlen.“ Und weiter: „Wenn man genau hinsieht, vermitteln die Angriffe auf Kunstwerke auch ein Gefühl. Und zwar, wie es ist, wenn etwas Wertvolles für immer zerstört wird. Die „Mona Lisa“. Der Regenwald. Tiger. Gletscher."

„Aufmerksamkeit ist nun einmal die halbe Miete“, kommentiert Matthias Auer in seiner wöchentlichen Kolumne „Klima:Wandel". Mit immer „extremeren und immer verzweifelteren Methoden“ würden die  Aktivisten auf ihre Anliegen hinweisen. Manche Aktivisiten würden etwa Luft aus den Reifen von SUVs lassen, auch in Wien. 

Selbst das ist manchen nicht genug: Der schwedische Forscher Andreas Malm meint etwa, der Klimabewegung fehle ein radikaler Arm. Er ruft zum Klimaterrorismus auf. Denn schließlich hätten Dekaden friedlicher Proteste nichts verändert.

Auer schreibt dazu in seiner Kolumne, die Klimabewegung habe es in den vergangenen Jahren sehr wohl geschafft, für ihre Anliegen zu sensibilisieren. Und weiter: „Gewalt zerstört Demokratie. Ein bisschen verschüttete Suppe im Museum mögen manche vielleicht noch aushalten. Doch die Sympathisanten von heute sind rasch weg, wenn die erste Straßenblockade einer Rettung im Einsatz den Weg versperrt“.

(sk)

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