Uhren

Verspielt, Japanisch, Bulgari

Im Inneren der Bulgari werkt das ultradünne Automatik-Kaliber BVL 138.
Im Inneren der Bulgari werkt das ultradünne Automatik-Kaliber BVL 138.beigestellt
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Die japanische Stararchitektin Kazuyo Sejima hat eine Uhr für Bulgari designt. Sie ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie erstaunlich reduziert Eleganz ausfallen kann.

Sie ist eine Frau, sie ist Architektin und hat eine Uhr designt. Diesen Satz liest man in der für ihre weitgehend konservativen Zugänge bekannten Uhrenindustrie eher selten. Leider. Denn der Entwurf „Octo Finissimo Sejima“ von Kazuyo Sejima ist ein beeindruckender, fast sensationeller Entwurf. Bulgari beauftragte die Architektin, die im Jahr 2010 mit dem überaus begehrten Pritzker-Preis ausgezeichnet wurde, und auch wenn Kooperationen zwischen Luxusmarken und „zunftfremden“ Designern immer wieder zum Geschäft gehören, dieser Coup geht besonders in die Tiefe.


Die japanische Architektin Kazuo Sejima ist für ihre verspiegelten Gebäude bekannt, die mitunter gleich einem Chamäleon in der Umgebung verschwinden und doch das Zeug zum überraschenden Hingucker-Solitär haben. Dass dieser Zugang den Bulgari-Chefdesigner Fabrizio Buonamassa Stigliani gereizt hat, verwundert nicht, bewundert er doch ihre Arbeit und nannte die School of Management and Design in Essen etwa oder das New Museum of Contemporary Art in New York als Entwürfe, die ihm besonders am Herzen lägen.

Ziffernlos

Die bisher in matt gehaltene Linie „Octo“ von Bulgari wächst nun um ein Modell, das trotz gleicher Form ganz anders daherkommt als ihre Verwandtschaft in Grau, Gold oder Schwarz. Nicht nur das sehr flache Gehäuse, das Zifferblatt und das ­Stahlarmband sind verspiegelt, auch das Glas erhielt eine von innen aufgedampfte Verspiegelung in Form eines Punktrasters, welches von außen betrachtet ungeheuer dicht erscheint. Durch seine Spiegelung auf dem Zifferblatt, das ganz ohne Ziffern ­auskommt, entstehen darüber hinaus ­überraschende Moiré-Muster.


Buonamassa Stigliani hat die „Octo Finissimo“ einen Spiegel der Zeit genannt. Und das macht die 40 Millimeter messende Uhr aus hochglanzpoliertem Stahl auch im ­philosophischen Sinn besonders anziehend. Einen Wermutstropfen gibt es bei der Geschichte. Der auffällig unauffällige und mehr als reduzierte Entwurf ist auf 360  Stück limitiert. Das ist auch deshalb schade, weil die Uhrenwelt viel mehr solche spannende Entwürfe brauchen könnte. Angeblich hat sich der Bulgari-Designchef mit Kazuyo Sejima darüber unterhalten, eine Uhr zu entwerfen, die verschwindet, also eine unsichtbare Uhr. Wie hintergründig ­die Luxusindustrie doch immer wieder sein kann. Gut, dass die „Octo Finissimo“ uns, aber auch der Zeit in mehrerlei Hinsicht einen außergewöhnlichen Spiegel vorhält.

("Die Presse Schaufenster" vom 28.10.2022)

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