Pop

Moneyboy: "Hätte in den USA ein fettes Auto"

(c) E. Prosquill
  • Drucken

Ohne einen Tonträger veröffentlicht zu haben, gelang Moneyboy mit "Dreh den Swag auf" ein Riesenhype auf der Internetplattform YouTube: 3,1 Millionen Mal wurde das rührend amateurhafte Video bisher angeklickt.

Moneyboy, so nennt sich der 29-jährige Wiener Sebastian Meininger, vormals Basketballspieler und Publizistikstudent, nun kindergesichtiger Gangsterrapper mit Vorbildern wie Lil Wayne und Drake. In seinen Stücken wie „Ching, Chang, Chung“ und „Boy, der am Block chillt“ sind Frauen meist „Bitches“. Er träumt von hartem Verkehr mit Christine Reiler, zückt Pistolen, lässt das Rauschgift stauben und muss, selbst wenn er Gutes über den Weihnachtsmann sagt, ein rasches „No Homo!“ nachschieben. Es könnte ja jemand glauben, er hätte schwule Tendenzen.

Wichtig ist ihm das Propagieren des Swag, einer positiven Kraft, die ein bisserl mysteriös bleibt. In Deutschland reißen sich MTV und RTL um ihn, etablierte Rapper wie Sido überschütten ihn mit Komplimenten, Major Labels haben ihn umworben, Sony hat er den Zuschlag erteilt. Ein Debütalbum ist für heuer zu erwarten. „Die Presse“ traf ihn in der City, in der Sky-Bar.

Die Presse: Auf Ihrer Homepage gibt es jede Menge Merchandising-Artikel zu erwerben, aber noch kein Album. Ist das die richtige Reihenfolge?

Moneyboy: Die Homepage war nie mein Haupttool, um die Menschen zu erreichen! Ich habe vor allem über YouTube, Twitter, Facebook kommuniziert – und im August ein Mixtape mit 13 Liedern im Netz angeboten. Aber natürlich will ich ein Album machen, den klassischen Tonträger, der im Geschäft steht.

Das ''Dreh den Swag auf''-Video

Dennoch bieten Sie Ihre Lieder gratis im Netz an. Wollen Sie mit Ihrer Musik kein Geld verdienen?

Gerade im Hiphop kauft in Europa nur eine Minderheit CDs. Bei uns wird man durch Tonträger nicht reich. Ich setze auch auf Liveauftritte, Merchandising, Werbedeals. Wenn ich den Hype, den ich jetzt habe, in den USA hätte, dann hätte ich schon ein fettes Auto, ein fettes Haus und ein Album, das sich ein paar hunderttausend Mal verkauft. Ich orientiere mich lieber an Leuten wie Soulja Boy, der so viel Twitter-Kommunikation erzeugt, dass er von dort Geld bekommt.

Was wollen Sie eigentlich verkaufen? Musik? Fantasien? Ein Image?

Ich bin ein Rapper, darum ist mir am allerwichtigsten, Texte zu schreiben, sie über die Beats zu schleudern. Aber ich fühl mich auch als Geschäftsmann und mische mit Mode mit. Ich würde gerne eine Kollektion mit Sachen rausbringen, die einfach Swag haben.

Ihre YouTube-Erfolgsnummer „Dreh den Swag auf“ ist stark an Soulja Boys „Turn My Swag On“ angelehnt. Könnte es da nicht eine Klage geben?

Ich hab das Ding ja gar nicht kommerziell verwertet! Aber das war einer der Gründe, warum ich zu Sony gegangen bin. Für manches braucht man ein großes Label.

Ist solch eine innige Aneignung einer Fremdkomposition im Hiphop üblich?

Für neue Rapper auf jeden Fall. Wenn ein Lil Wayne einen coolen Beat kreiert, dann wollen viele ihr eigenes Zeug dazurappen. Bei meinem Mixtape waren erfolgreiche und obskure Beats voll durcheinander. Jetzt arbeite ich dann mit Produzenten, die für mich Beats machen. Ich werde ihnen sagen, in welche Richtung es gehen soll. Mal was für die Clubs, dann wieder was für die Ladies.

Ihre Reime flirten mit dem Tabubruch. Ist das Ihr Ernst oder übersehe ich eine ironische Ebene?

Ich meine das alles ernst, mache nichts, weil es der Markt will. Ich blättere einfach im Themenkatalog, der Rap ausmacht. Es geht um Coolness, darum, die Leute mit dem Swag anzuspritzen. Ich höre dieses Genre, seit ich 14 Jahre alt bin. Für mich ist es ganz natürlich, dass ich mich an die Traditionen halte. In Rap-Foren ist das alles kein Thema. Da fragt niemand, warum fickt der nur Mütter oder sagt dauernd „No Homo!“. Die Mutter meiner Freundin hat das am Anfang auch nicht super gefunden. Manche brauchen halt ein bisserl, bis sie auf den Moneyboy-Film kommen.

Es gab in den Achtzigerjahren Hiphop, der versuchte, auf intelligente Art die gesellschaftspolitischen Ursachen urbaner Ghettos zu reflektieren. So etwas hat Sie nie interessiert?

Mir ging es in erster Linie um den Flow, den rhythmischen Fluss des Raps, weniger um Aussagen. Gangsterrap hat mich von seiner Ghettoromantik her immer mehr interessiert. Storytelling ist gut und schön, aber die ganz politischen Raps waren nie mein Ding.

Sie rappen hochsprachlich, entstammen offensichtlich keinem Vorstadt-ghetto. Was sind Ihre Wurzeln?

Ganz normale Mittelschicht. Deshalb rappe ich auch primär von den schönen Dingen des Lebens. Swaggerrap halt. Manchmal gibt es halt einen Verweis, etwa „Ich komme mit der Waffe auf Besuch“. Ich habe sehr viele Gangsterfilme gesehen. Da widerfahren den Leuten schlimme Sachen, da wird getötet, da werden Frauen schlecht behandelt, aber gleichzeitig wird gezeigt: Wir sind auf einer Party, wie haben eine gute Zeit. Selbst unter widrigen Umständen haben diese Leute ihre Barbecues, schlürfen ihre Cocktails, rauchen ihren Blunt. (Marihuana-Joint, Anm.)

Sie scheinen sehr gefangen in der Welt der Markenartikel. Können diese wirklich die Essenz des Lebens sein?

Sie zählen zu den leichten Freuden des Lebens. Ich bin ja nicht der Einzige, der sich über Markenartikel freut. Louis Vuitton, Gucci, manchmal geh ich auch zu H&M. An der Konsumkultur ist nichts Schlechtes dran, da kann man ruhig mitspielen.

Wie entsteht so ein Internet-Hype? Kann man da was manipulieren?

Das Tolle an den neuen Medien ist ja, dass man als Nobody reüssieren kann. Du musst auf Facebook ein paar virale Knotenpunkte erwischen, dann kann so was ganz schnell explodieren. Das war halt bei mir der Fall.

Viele, die Ihre Videos sehen, fragen sich, ob Moneyboy nicht doch eine Art Comedy-Act ist. Was sagen Sie dazu?

Die Moneyboy-Sache ist kein Gag, der einmal gezündet wird und dann vorbei ist. Moneyboy ist eine komplexe Angelegenheit, wird eine Langlebigkeit haben, über die sich manche wundern werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.