Vorstand

EU-Richtlinie bringt mehr Frauen in Chefetagen

In der EU sind rund 15 Prozent der Vorstandsposten und knapp 35 Prozent der Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzt. Künftig sollen in Aufsichtsräten großer Börsenunternehmen mindestens 40 Prozent Frauen vertreten sein.

Nach der am Dienstag in Kraft getretenen EU-Führungskräfte-Richtlinie sollen in Aufsichtsräten großer Börsenunternehmen in der EU künftig: mindestens 40 Prozent Frauen bzw. Männer vertreten sein oder alternativ eine Geschlechterquote von 33 Prozent für Aufsichtsrat und Vorstand. Damit soll es Frauen erleichtert werden, in Chefetagen vorzurücken.

Gemäß dem Women-on-Board-Index (WOB-Index) der Initiative Frauen in die Aufsichtsräte e.V. (FidAR) stieg der Frauenanteil in den Vorständen der derzeit 183 im DAX, MDAX und SDAX sowie der im Regulierten Markt notierten, paritätisch mitbestimmten Unternehmen innerhalb eines Jahres von 13 Prozent auf 15,3 Prozent. In Aufsichtsräten ist eine ähnliche Entwicklung zu erkennen: Während der Anteil 2021 noch bei 33,2 Prozent lag, sind mittlerweile 35 Prozent zu verzeichnen. Die Richtung stimmt, doch die neue europäische Zielmarke von 40 Prozent noch nicht in greifbarer Nähe.

„Diese Regelung ist ein Meilenstein für die Gleichstellung in Europa, damit es mehr Frauen in die Führungsetagen der Unternehmen schaffen“, sagt die deutsche Frauenministerin Lisa Paus. Und weiter: „Die Erfahrungen in Deutschland zeigen: Feste gesetzliche Quoten wirken, sind aber auch nötig. Diese Richtlinie ist ein großer Schritt für Chancengleichheit als gemeinsamen europäischen Wert. Wir erwarten uns davon weitere Impulse für mehr Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten auch in Deutschland“.

Frauenanteil in Vorständen erstmals bei 15 Prozent

Seit der letzten Veröffentlichung des WoB-Index im Juni haben von den unter das Mindestbeteiligungsgebot fallenden Unternehmen drei weitere, Munich Re im DAX, METRO im SDAX und Knaus Tabbert im Regulierten Markt, eine Frau in den Vorstand berufen. Erstmals steigt der durchschnittliche Frauenanteil in den Vorständen auf über 15 Prozent - die DAX-40-Konzerne erreichen mit 21,5 Prozent Vorstandsfrauen einen Spitzenwert.

Gleichzeitig zeigt der WoB-Index, dass die 2015 mit dem Führungspositionengesetz 1 (FüPoG1) eingeführte 30-Prozent-Quote für die Besetzung der Aufsichtsräte börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen wirkt. Bei den aktuell 102 der Aufsichtsratsquote unterliegenden Unternehmen ist der Frauenanteil weiterhin sowohl in den Aufsichtsräten (36,7 Prozent) als auch in den Vorständen (17,4 Prozent) signifikant höher als bei den 81 Unternehmen, die nicht unter die Quote fallen - bei den 81 Nicht-Quoten-Unternehmen liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten (29,3 Prozent) und in den Vorständen (12,4 Prozent) deutlich niedriger. Hier bestehe der größte Nachholbedarf.

Keine Ausreden für Nichteinhaltung

„Es gibt in der Europäischen Union künftig keine Ausreden mehr, denn es gibt genügend qualifizierte Frauen für Spitzenfunktionen der Wirtschaft. Wir erwarten jetzt ein deutliches Engagement der Unternehmen, um 40 Prozent Frauen im Aufsichtsrat und mittelfristig eine paritätische Besetzung der Führungsgremien zu erreichen", betont die Präsidentin von FidAR, Anja Seng.

Nach den Zahlen des WoB-Index erreichen derzeit nur 54 der 183 Unternehmen (29,5 Prozent) einen Frauenanteil von mindestens 40 Prozent. Werden Aufsichtsräte und Vorstände gemeinsam betrachtet, erreichen erst 38 (20,8 Prozent) einen Frauenanteil von mindestens 33 Prozent.

„Das Mindestbeteiligungsgebot war die richtige Antwort an die Aufsichtsräte der Unternehmen, die sich weiterhin Zielgröße Null für den Vorstand gesetzt haben“, fügt FidAR-Gründungspräsidentin Monika Schulz-Strelow hinzu, die den WoB-Index seit der Erstauflage 2011 federführend betreut. „Deutschland ist mit dem FüPoG I und II zwischenzeitlich gut aufgestellt und kann somit bei der EU-Führungspositionen-Richtlinie von der Aussetzungsklausel Gebrauch machen, da bereits weitreichende gesetzliche Vorgaben gelten. Aber es gibt für die Zukunft gute Ansatzpunkte dafür, die Regeln hierzulande noch weiterzuentwickeln. Die EU-Regelung gilt für alle börsennotierten Unternehmen ab 250 Beschäftigte. Die Geschlechterquote im Aufsichtsrat gilt in Deutschland dagegen bisher nur für die etwa 100 Unternehmen, die börsennotiert und paritätisch besetzt sind, das Mindestbeteiligungsgebot lediglich für knapp über 60 dieser Unternehmen. Zudem muss die Transparenz bei der Besetzung von Führungsorganen weiter erhöht werden, um Fortschritte und Handlungsbedarfe offenzulegen“. 

(APA/red)

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