Glosse

Die echte Schicksalswahl

Erdoğan ist geschwächt, aber lang nicht abgeschrieben.
Erdoğan ist geschwächt, aber lang nicht abgeschrieben.APA/AFP/ADEM ALTAN
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100 Tage bis zur Wahl: Die Zahl wehte jüngst durch die türkische Innenpolitik wie ein eisiger Wind und erinnerte Parteien wie Bevölkerung gleichermaßen daran, dass der bedeutsame Tag mit schnellen Schritten näherrückt (Stand heute: 98 Tage).

Höchstwahrscheinlich am 14. Mai wird die krisengeschüttelte Türkei ein neues Parlament sowie einen neuen Präsidenten wählen. Eine Schicksalswahl. Wobei im vergangenen Jahrzehnt wirklich jede Wahl so bezeichnet wurde, aber dieses Jahr trifft dies ohne Einschränkung zu. Die Türkei feiert heute ihr 100-Jahr-Republiksjubiläum, ein Datum, an dem sich die regierende AKP immer abrieb. Zu diesem Jubiläum wollte Recep Tayyip Erdoğan die laizistische Republik nach seiner islamisch-konservativen Façon umgekrempelt haben, viel ist ihm gelungen, sehr viel aber auch nicht. Die großen Brüche fanden vor zehn Jahren statt, als die Gezi-Proteste die Regierung erschütterten, als die Beziehung zum Prediger Fethullah Gülen zerbrach. Mit schwerwiegenden Folgen.

Erdoğan ist geschwächt, aber lang nicht abgeschrieben. In 98 Tagen findet (laut Verfassung) sein letzter Antritt statt. Es ist seine Schicksalswahl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2023)

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