Quergeschrieben

Familie Dichand und ihre Untertanen: Im Huldigen sind wir gut

Die Gründerin einer Gratiszeitung wird 50, und die mächtigsten Politiker des Landes stehen Schlange, um zu gratulieren. Das erzählt leider viel über Österreich.

Christian Nusser ist Chefredakteur des Wiener Gratisblatts „Heute“, und weil ihn das intellektuell nicht ganz auslastet, schreibt er nebenbei eine oft sehr unterhaltsame Kolumne. Jüngst konnte er sich das Thema dieser Betrachtungen nicht selbst aussuchen. Seine Chefin, „Heute“-Herausgeberin Eva Dichand, hatte Geburtstag, und Nusser musste als leitender Angestellter schriftlich gratulieren. Er tat das auf seine Art: „Eva Dichand kann ein Vulkan sein. (. . .) Nicht immer geht es gut aus, wenn die Lava das Meer erreicht. Oft schickt sie mitten in der Nacht WhatsApp-Nachrichten voller Tippfehler, die vielen Emojis können da wenig retten“, textete Nusser munter vor sich hin. „Nun feiert Eva Dichand einen runden Geburtstag, ich habe vergessen, welchen. Man muss ihr nichts wünschen, es ist ja nichts passiert.“

Ich kenne Herrn Nusser nicht persönlich, kann also nicht beurteilen, ob er dem Auftrag, etwas Nettes über die Chefin zu schreiben, beflissen oder eher störrisch nachkam. Jedenfalls ist er der einzige, der im 96 Seiten(!) dicken „Heute“-Sonderheft zu Eva Dichands 50. Wiegenfest so etwas wie Ironie aufblitzen lässt. Von den restlichen Gratulanten – darunter sämtliche Mitglieder der Bundesregierung, der Wiener Bürgermeister (und sein Vorgänger), Manager großer Unternehmen, der Kardinal und andere Berühmtheiten – traut sich das keiner. Brav wie Kindergartenkinder am Muttertag sagen die wichtigen Damen und Herren ihre Sprüchlein auf. Man wünscht Gesundheit, weiterhin viel Erfolg und für zukünftige Pläne allerbestes Gelingen.

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