Analyse

Thiem – am Scheideweg seiner Karriere angelangt

Auch im Davis Cup Anfang Februar gab es für Thiem nichts zu gewinnen.
Auch im Davis Cup Anfang Februar gab es für Thiem nichts zu gewinnen.(c) Gepa
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Südamerika war für Dominic Thiem keine Reise wert, nach Buenos Aires und Rio de Janeiro ereilte ihn auch in Santiago de Chile das frühe Aus. Der 29-Jährige fällt aus den Top 100, spricht erstmals von „mentalen Problemen“.

Santiago de Chile. Eine Bilanz von 1:7-Niederlagen geht an keinem Tennisprofi spurlos vorüber, auch nicht an Dominic Thiem. Für den Niederösterreicher, 29, entpuppte sich die Südamerika-Tour mit nur einem Sieg in drei Turnieren somit als nächster, großer Flop. Bei seinem ersten Auftritt in Chile musste sich Thiem auch in Santiago, im Duell zweier Wildcard-Spieler, Lokalmatador Cristian Garin mit 2:6, 6:7 beugen. Thiem sprach danach erstmals von mentalen Problemen auf dem Platz. Nun geht es für ihn nach Indian Wells – dort auf Besserung zu hoffen, ist als einziger Antrieb bloß ein schwaches Signal.

Nach seinem Zweitrunden-Aus in Buenos Aires und der Auftakt-Niederlage in Rio de Janeiro musste sich Thiem auch beim dritten Sandplatz-Turnier in Folge früh verabschieden. Inklusive Daviscup und Qualifikation in Adelaide gewann Thiem heuer nur ein Match – in acht Partien. Der Ex-US-Open-Sieger, der am Montag aus den Top 100 fallen wird, wollte bei dieser Tour durch Südamerika eigentlich Punkte sammeln, sein Spiel wiederfinden, Vorhandschläge genauer platzieren und doch – es blieb beim Vorhaben.

Blick ins Seelenleben

Sein Ziel, sich bis zu den French Open in Paris einen Platz in der Gesetztenliste, dafür muss man in den Top 32 sein, zu erspielen, ist vorerst eine Illusion. Dazu bräuchte es eine Leistungsexplosion, Glauben daran, die Mittel dazu.

Sein nächster Einsatz steigt nun ausgerechnet in Indian Wells. Dort hat er 2019 sein bis dato einziges Masters-1000-Turnier gewonnen, 2023 ist er dank einer Wildcard dabei. Womöglich könnte sie die letzte außerhalb Österreichs, für längere Zeit, gewesen sein. Thiem schien beim Blick zurück auf die vielen Eigenfehler zunächst zurückhaltend, ehe er doch erstmals auf seinem so steinigen Weg zurück nach der Handgelenksverletzung ansatzweise in sein Seelenleben blicken ließ.

„Offensichtlich war mein Niveau nicht gut genug. Ich muss weiterarbeiten und mich auf Indian Wells fokussieren“, meinte der ehemalige Weltranglistendritte. Damit war freilich nichts gesagt, auf Nachfrage wurde er konkreter: „Ich konnte mich nicht fokussieren, vieles war nicht gut. Das hat mit mentalen Dingen zu tun, weil vom Tennis her spiele ich gut, auch im Training“, beteuerte der 17-fache Turniersieger. Thiem rang da sichtlich nach Worten und formulierte seine Situation dann so: „Sobald ich auf den Platz gehe, tauchen mentale Probleme auf, die ich derzeit einfach nicht lösen kann. Aber ich arbeite daran.“

Druck, mehr Verunsicherung

Dass Thiem den Saisonstart komplett in den Sand gesetzt hat, daran kann auch für ihn kein Zweifel mehr bestehen. Antworten darauf muss er selbst finden, inwiefern der Lichtenwörther einer Erneuerung seines Betreuerteams offensteht, ist unklar. Das Management hat ja sein Bruder Moritz übernommen, als Trainer steht weiterhin der zuletzt mit harscher Kritik übersäte Nicolas Massu an seiner Seite. Der vierfache Major-Finalist ist am Scheideweg seiner Karriere angelangt. Mit größer werdendem Druck wächst Verunsicherung, mit ihr die Gewissheit, ohne nahe Erfolge endgültig ohne Wildcard dazustehen. Und dann? (fin)

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