Konzertkritik

Sterbender Schwan mit langem Anlauf im Musikverein

Cellist Renaud Capuçon und Pianist Rudolf Buchbinder fanden beim Abo-Konzert im Musikverein erst nach und nach zusammen.

Nicht jedes Konzert muss zum großen Höhenflug ansetzen. Manchmal ist es auch schon anregend genug, zu erleben, wie sich zwei Meistermusiker an großen Stücken einsatzfreudig abarbeiten. Man darf es als vergnüglich freundschaftlichstes Ländermatch verstehen, was der französische Cellist Renaud Capuçon und der aus dem Wiener Konzertleben nicht wegzudenkende Rudolf Buchbinder im Goldenen Saal anzubieten hatten.

Debussy begann die Komposition seiner Sonaten für Klavier und diverse Instrumente 1915 als „Musicien français“, so das Titelblatt: ein Zeichen gegen die Kriegsgegner. Drei der sechs Sonaten konnte er bis zum Krebstod 1918 vollenden, darunter die für Cello und Klavier. Ein zauberhaftes Stück, poetisch, überraschend in seiner formalen Reminiszenz an Rameau. Amüsant, wenn das Cello, das hier die Hauptrolle spielt, mit gezupften Tönen auf Gitarre macht. Buchbinder sorgte für das kompakte Klavierfundament, während Capuçon der rechten Leichtigkeit noch auf die Spur ging.

Bei Mozart noch befangen

Beethoven, dem 1805 die französischen Besatzungstruppen die „Fidelio“-Uraufführung verhagelt hatten, folgte: Mit den verliebten Herzen von Pamina und Papageno ging es durch seine Variationen über Mozarts Duett „Bei Männern, welche Liebe fühlen“. Auch bei den musizierenden Männern spürte man die Liebe zum Notentext. Allein, die Umsetzung wirkte in ihrer Fröhlichkeit immer noch ein wenig befangen, obwohl Buchbinder hier hörbarer in seinem Element war.

Erst bei Gabriel Fauré schien sich auch Capuçon warm gespielt zu haben. Über dessen „Élégie“ und das von Pablo Casals für Cello und Klavier bearbeitete Lied „Après un rêve“ fand er zu freier Artikulation, um seinen Ton herbdunkel leuchten zu lassen. Mit Beethovens A-Dur Sonate op. 69 schnurrten die beiden dann fein animiert ins offizielle Ziel, um in der Zugabe endlich ganz versöhnt zu klingen: mit dem „Schwan“ aus dem „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns, den Camille Saint-Saëns auf Österreich-Urlaub 1886 vollendet und die Ballerina Anna Pawlowa sterbend unsterblich gemacht hat. Es war die einzige Zugabe im Talon, weshalb man das Finale des Opus 69 wiederholte. Und siehe da: Beim zweiten Durchspielen stellte sich jener locker souveräne Dialog ein, den man davor eher vermisst hatte. Chapeau, wie man auf Französisch/Österreichisch sagt.

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