Pizzicato

Tränen der Wut und Wehmut

Wem es in diesen Vorfrühlingstagen die Tränen in die Augen und auf die Wangen treibt, der trägt nicht notwendigerweise Trauer zur Schau. Er ist nur Opfer einer Allergie, die den Frühling über Wochen ankündigt und womöglich noch länger anhält.

Die Pollen fliegen, und es beginnt allmählich zu blühen und sprießen. Und die salzhaltige Flüssigkeit quellt als Vorbote aus den Augen, quasi aus Vorfreude über die Metamorphose der Natur.

Auch Uli Hoeneß standen dieser Tage Tränen in den Augen – nicht aus Zorn oder Freude über Bayern München, sondern vielmehr aus Rührung über die Fastenpredigt beim traditionellen Starkbieranstich auf dem Münchner Nockherberg. Sein Landsmann Maximilian Schafroth, ein Kabarettist aus dem Allgäu, hat den Bayern-Zampano und mit ihm den ganzen Saal mit seinen Reflexionen zum Ukraine-Krieg und zur Freiheit so bewegt, dass das Publikum ihm Ovationen im Stehen darbot. Hohe Kunst, und selbst die hohe Politik – Markus Söder und das Who's who des Freistaats – erhob sich bei Freibier und Brettljause von den Plätzen. Angesichts bissiger Pointen hatten viele zuvor Freudentränen vergossen.

Tränen der Wehmut und der Wut drückte es dagegen Michelle Obama beim Abschied aus dem Weißen Haus ins Gesicht. Da spielte auch eine Allergie mit – die gegen Donald Trump. (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2023)

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