Glaubensfrage

Deutsche und Österreicher trennt nicht nur die gemeinsame Sprache

Sie trennt auch das gemeinsame Katholisch-Sein. Nachlese zum Frühjahrstreffen der Bischöfe in Seitenstetten.

Der Wunsch nach Reformen ist trotz widersprüchlicher Vorstellungen groß.“ Ein großes Wort über Forderungen nach Reformen der katholischen Kirche? Weder groß noch überraschend und schon gar nicht mutig ist er, dieser Satz.

Er stammt aus den Texten, die die österreichische Bischofskonferenz nach der Frühjahrsvollversammlung im niederösterreichischen Benediktinerstift Seitenstetten am Freitag veröffentlicht hat. Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner durfte/musste sie als Vorsitzender (ein Titel, der mit mehr Schein als Sein verbunden ist) der Bischofskonferenz präsentieren. Österreichs Hirten treten leise und zurückhaltend auf, was mögliche innerkirchliche Änderungen betrifft. Gleichgültig ob nach einem Zölibatsende, Diakoninnen oder Segnungsfeiern für homosexuelle Lebensgemeinschaften gefragt wird, die Antworten fallen meist betont bedachtsam aus.

So hat Franz Lackner am Freitag mehrfach darauf hingewiesen, dass der synodale Prozess, zu dem Papst Franziskus die gesamte Kirche verpflichtet hat, mit dem Aufeinander-Hören eben noch nicht zu Ende sei. Dass Beschlüsse allenfalls dann bei der abschließenden Weltsynode in Rom im Herbst 2024 zu erwarten seien (oder auch nicht).

Was für ein Gegensatz zu dem kirchlichen Großereignis eine Woche vorher! Da ist die katholische Kirche Deutschlands laut aufstampfend ihren Synodalen Weg zu Ende gegangen. Wie es gern heißt, trennt Deutsche und Österreicher die gemeinsame Sprache. Offenbar trennt Österreicher und Deutsche auch das gemeinsame Katholisch-Sein. Österreichs Bischöfe setzen auf Evolution, Entwicklung im Gleichklang mit Rom und dem Rest der Weltkirche. Man muss das nicht schlecht finden. Deutschlands Kirche hingegen setzt – zugespitzt gesagt – auf Revolution, mit Beschlüssen, die den Rest der Glaubensgemeinschaft über den Globus hinweg unter Druck setzen und düpieren.

Immerhin, so weit sind die Delegierten doch nicht gegangen, das Priesteramt abschaffen zu wollen, wie es eines der vielen Arbeitspapiere nahegelegt hat. Der sakramentale Dienst des Weiheamtes gehöre zum „Wesen“ des Katholischen, hießt es jetzt im Beschluss. Was für eine neue Erkenntnis.

Frontal gegen die Weltkirche stellt sich ein anderer: Für homosexuelle Lebenspartnerschaften sollen Segensfeiern kommen. Papst Franziskus wird die Entwicklung in der Anglikanischen Kirche vor Augen haben. Zwölf der 42 Mitgliederkirchen aus Afrika versagen der Church of England neuerdings die Gefolgschaft. Auslöser ist die Entscheidung, eben jene Segnungen zuzulassen, wie sie Deutschland im Alleingang einführen möchte. Daher sein Zaudern. Kein Papst will eine Kirchenspaltung erleben oder dafür verantwortlich sein.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2023)

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