Gastkommentar

Der ORF muss für alle da sein

Nachhaltig finanziert, digital handlungsfähig: Es scheint jetzt endlich möglich, wichtige Weichenstellungen vorzunehmen, um den ORF fit für die Zukunft zu machen.

Der Autor:

Thomas Zach (*1972) ist Unternehmer und leitet seit 2014 den ÖVP-nahen „Freundeskreis“ im ORF-Stiftungsrat.

In Zeiten von Fake News ist die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Dienstleister für Demokratie wichtiger denn je. Unabhängiger Qualitätsjournalismus schafft unverzichtbare Grundlagen für fundierte Meinungsbildung und demokratischen Diskurs. Herrschte noch vor wenigen Jahrzehnten die medienpolitische Meinung vor, diese wesentlichen Leistungen öffentlich-rechtlichen Rundfunks könnten problemlos und umfassend auch von privaten Anbietern erbracht werden, zeigt sich insbesondere in der Social-Media-Ära: Der öffentlich-rechtliche Auftrag – und seine hochwertige Erfüllung – ist für die liberale Demokratie unverzichtbar.

Vor diesem Hintergrund ist es von Bedeutung, dass nun mit einem nachhaltigen Finanzierungsmodell und einer Digitalnovelle medienpolitische Meilensteine gesetzt werden, die dieses Modell für die Zukunft absichern, updaten und handlungsfähig machen. Mehrere Regierungen haben es in der vergangenen Dekade nicht geschafft, diese Weichenstellungen vorzunehmen. Mit dem Rückenwind des Verfassungsgerichtshofs und einem konstruktiven medienpartnerschaftlichen Dialog scheint dies nun möglich. Das ist für den ORF, sein Publikum sowie Österreich und seine Demokratie ein Gewinn.

Parallel zu diesen medienpolitischen Entwicklungen sind die wirtschaftlichen Herausforderungen für den ORF zu sehen, die das Ergebnis einer historischen Teuerung und fordernder wirtschaftlicher Rahmenbedingungen sind. Der Stiftungsrat hat schon bisher dafür gesorgt, dass der ORF nicht in roten Zahlen untergeht, sondern seine Hausaufgaben entlang der gesetzlichen Prioritäten macht. Darauf wird es in Zukunft mehr denn je ankommen. Das öffentlich-rechtliche Preis-Leistungs-Verhältnis muss im Licht des gesetzlichen Auftrags, technologischer Weiterentwicklung, struktureller Reformen und intelligenter Einsparungen stetig weiterentwickelt werden.

Ein ORF, der nicht Meinung macht

Klar ist auch: Die genannten medienpolitischen Meilensteine sind für die ORF-Zukunft notwendig, um den öffentlich-rechtlichen Auftrag überhaupt und besser erfüllen zu können. Den Weg zu und zwischen den Meilensteinen müssen wir als ORF freilich selbst gehen. Dabei ist im Sinn einer konsequent publikumszentrierten Strategie auf einen Paradigmenwechsel zu achten, den die Umstellung auf eine Haushaltsabgabe zwangsläufig nach sich zieht: Ein ORF, der von allen solidarisch finanziert wird, muss auch ein ORF für alle sein. Dafür gibt es anerkannterweise vielfältigen Handlungsbedarf – von der besseren Adressierung junger Zielgruppen bis zu deutlich mehr Meinungsvielfalt. Die Standards für Unabhängigkeit und objektive Berichterstattung müssen transparent sein und gesichert eingehalten werden. Das ist wichtiger denn je.

Das Vertrauen unseres Publikums ist die wichtigste Währung für den ORF überhaupt. Glaubwürdigkeit ist dafür der Gold-Standard. Das zahlende Publikum muss sich auf einen ORF verlassen können, der für alle da ist und deshalb auch – möglichst – von allen akzeptiert und geschätzt wird. Ein ORF, der informiert, aber nicht belehrt. Der kritisch berichtet, aber nicht richtet. Der Meinungen sichtbar macht, aber nicht Meinung macht. Der nicht nur andere an deren Standards misst, sondern auch an sich selbst die höchsten Standards anlegt. In allen Bereichen – von Journalismus und Unterhaltung bis zu Führung und zur Aufsicht. Das ist letztlich eine Kulturfrage – und damit neben nachhaltiger Finanzierung und mehr digitalen Handlungsspielräumen der dritte Meilenstein für eine sichere und gute Zukunft unseres ORF.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2023)

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