Wiener Ansichten

Resselpark: Zwölf Spiegeltore und die Endlichkeit

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70 Jahre „Gestundete Zeit“: eine Kuppel vor der Karlskirche auf den Spuren Ingeborg Bachmanns.

„Es kommen härtere Tage. / Die auf Widerruf gestundete Zeit / wird sichtbar am Horizont.“ 70 Jahre sind vergangen, seit eine Mittzwanzigerin aus Klagenfurt diese Zeilen verfasste. Und doch, wie gegenwärtig mutet an, was Ingeborg Bachmann 1953 formulierte, den Erfahrungen einer Jugend während des Zweiten Weltkriegs eben erst entraten? Was stünde so vielen von uns drängender vor Augen als ebenjenes „Es kommen härtere Tage“, mit dem Bachmanns Gedicht beginnt – und mit dem es endet?

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70 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung gelesen, nimmt sich Bachmanns „Gestundete Zeit“ aus, wie für uns und für heute geschaffen. Und 70 Jahre „Gestundete Zeit“ sind es, die Armin Guerino zum Anlass nimmt, mit der von ihm 2021 geschaffenen Ingeborg-Bachmann-Kuppel mitten im Resselpark Station zu machen, ist sie doch ihrerseits von genau jenem Gedicht inspiriert. Zwölf Säulen mit zwölf Spiegeltoren tragen das Rund, das sich über Besucher wölbt, stehen für Endlichkeit und dafür, wie sich alles in und um uns fortwährend wandelt. Und die Spiegel, die die Kuppel formen, tun ein Übriges, das Gewohnte in ständig wechselnden Reflexionen zu zeigen.
Guerinos Bachmann-Kuppel freilich ist mehr als reines Objekt: Da ist einmal, Tag für Tag zu hören, eine Tonspur, die einen Essay von Lukas Meschik nach einem Konzept von Gerhard Fresacher mit Texten Ingeborg Bachmanns verwebt. Und Gerhard Fresacher zeichnet auch für die Auswahl der Veranstaltungen verantwortlich, die bis 18. Mai die Bachmann-Kuppel bespielen. Näheres dazu unter www.bachmann-kuppel.at.

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