Mein Dienstag

Schockverliebt

Polyfilm
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Diese eine große Leidenschaft im Leben, die nie nachlässt. Auch darüber gibt es selbstverständlich einen Film.

Es gibt da diese Szene in dem argentinischen Film „In ihren Augen“ (2009) von Regisseur Juan José Campanella. Ermittler Benjamín Espósito (Ricardo Darín) lernt im Zuge seiner Tätigkeit Richterin Irene Hastings (Soledad Villamil) kennen und verfällt ihr in der Sekunde. So sieht es also aus, wenn sich jemand schockverliebt. Dieses Strahlen, diese Verzückung, dieses Verlangen… Liebe ist schon eine Naturgewalt. Sie kann jederzeit und unvermittelt auftreten.

Der Titel des Films bezieht sich auf eine These Benjamíns, wonach ein Mann alles verlieren kann, aber niemals seine Leidenschaft für etwas. Mit dieser Überzeugung macht er auch den Mörder einer jungen Frau ausfindig. Dieser ist nämlich ein Fußballfan (tja, Argentinien) und besucht sogar auf der Flucht Spiele seiner Lieblingsmannschaft.

Ich liebe die Prämisse dieses Films – die Vorstellung von einer Person, deren große Leidenschaft nie nachlässt. Wer kennt das nicht? Wir alle haben doch etwas, wofür wir brennen, seit wir denken können. Diese eine grenzenlose Begierde im Leben, die alles überlebt – das Erwachsenwerden, Beziehungen, Freundschaften, Jobs, Umzüge, Erfolge, Niederlagen. Sie ist unerschütterlich, rätselhaft und heilig. Sie muss von niemand anderem verstanden oder geteilt werden. Sie verschafft einem Sicherheit, Grundvertrauen und Zuversicht. Sie ist der sprichwörtliche Fels in der Brandung.

Ich frage mich ja, ob es Leute gibt, die so eine Leidenschaft nicht haben. In meinem Freundeskreis kenne ich jedenfalls niemanden. Bei manchen ist es das Reisen, bei manchen exzessive Bewegung, bei einem tatsächlich auch Fußball. Was es bei mir ist, wird niemanden überraschen. Filme natürlich. Der erste Film, den ich im Kino gesehen habe, war „My Girl – Meine erste Liebe“ (1991). Ich war hin und weg. An diesem Tag habe ich mich schockverliebt in die Kunstform Film.

So viele Jahre ist das nun her. Und noch immer wache ich jeden Tag ein bisschen verliebter auf. Keine drei Tage könnte ich auf der Flucht sein. Noch am ersten Abend würde man mich in irgendeinem Kino festnehmen.

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

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