Briten fürchten Teuerung

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Die Bank of England warnt vor einer Inflation in Höhe von bis zu fünf Prozent. Für die britischen Arbeitnehmer hat dies dramatische Folgen, da die Lohnentwicklung längst nicht mehr mit der Inflation mithält.

London/Wien/Rei/Ag. Kein Ende der Hiobsbotschaften aus der britischen Wirtschaft. Nach Ansicht des Gouverneurs der Bank of England, Mervyn King, droht dem Land in den kommenden Monaten eine Inflation „zwischen vier und fünf Prozent“. King führte den dramatischen Anstieg auf Importverteuerungen, die hohen Weltmarktpreise für Öl und Lebensmittel und die Mehrwertsteuererhöhung auf 20 Prozent zu Jahresbeginn zurück.

Für die britischen Arbeitnehmer hat dies dramatische Folgen, da die Lohnentwicklung längst nicht mehr mit der Inflation mithält: „Als Ergebnis werden die Reallöhne heuer auf das Niveau von 2005 fallen“, sagte King. „Wir müssen bis in die 1920er-Jahre zurückblicken, um einen vergleichbaren Einbruch zu finden.“

Für King ist dieser Prozess jedoch „unvermeidlich bei der Anpassung der britischen Wirtschaft“ von einem konsumgetriebenen auf ein exportorientiertes Wachstum. Davon ist freilich noch wenig zu bemerken: Wie am Montag bekannt wurde, gab die Konjunktur im vierten Quartal 2010 um ein halbes Prozent nach. Das Land steuert damit direkt auf eine Stagflation zu.

King zeigte sich allerdings optimistisch, dass die Inflation im kommenden Jahr wieder „stark fallen“ wird. Die Bank of England hat von der Regierung zwei Prozent als Inflationsziel bekommen, zuletzt lag der Wert jedoch bei 3,7 Prozent. Im Normalfall würde die Notenbank mit einer Zinserhöhung gegensteuern, doch King zeigte sich angesichts der schwachen Konjunktur skeptisch: „Wir können die Tatsache nicht ändern, dass der gegenwärtige Druck auf die Lebensstandards unausweichlich ist.“

Auch in Deutschland schüren steigende Preise für importierte Energie, Rohstoffe und Nahrungsmittel die Angst vor einer Inflation. Die Einfuhren haben sich im Dezember im Jahresabstand um zwölf Prozent verteuert. Getrieben von einer anziehenden Weltkonjunktur stiegen die Importpreise für Rohöl um 36,5 Prozent, für Benzin um 33,8 Prozent, für Rohkaffee um 65,1 Prozent und für Getreide um 56,7 Prozent.

Europäische Zentralbank in der Bredouille

Diese Kostenexplosion für Unternehmen werde mittelfristig auch die Verbraucher erreichen, warnen Experten. „Ein Anstieg der Inflationsrate in den nächsten zwei bis drei Jahren bis auf vier Prozent ist durchaus möglich“, sagte Thomas Mayer, Chefökonom der Deutschen Bank, der „Bild“-Zeitung. „Sehr hohe Inflationsraten stehen nicht unmittelbar bevor“, meint dagegen die Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro. „Dennoch ist die Gefahr einer höheren Inflation mittelfristig nicht ausgeschlossen.“

Die Entwicklung bringt die EZB in die Bredouille: Seit knapp zwei Jahren bleibt der Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von einem Prozent. Heben die Zentralbanker ihn an, drohen sie die ohnehin schwache Konjunktur in Staaten wie Spanien, Griechenland und Irland ganz abzuwürgen. Zeitgleich heizt billiges Geld die Inflation in Staaten wie Deutschland zusätzlich an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2011)

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