Nirgends kann man Menschen so ungeniert beobachten wie in der Ankunftshalle.
Als ihr Sohn klein war, fuhr eine Freundin gern zum Flughafen, wenn andere ihren Kindern etwa einen Besuch im Indoor-Spielplatz spendierten. Er wollte nichts anderes, als Flugzeugen zusehen, wie sie starteten und landeten, beladen und betankt wurden. Stundenlang starrten die beiden durch die Scheiben und stiegen dann zufrieden in den Zug zurück. Später sind die Wünsche von Kindern schwieriger zu erfüllen.
Egal, wie alt man ist, Ankunftshallen von Flughäfen erwecken immer noch ein Glücksgefühl, ganz im Gegensatz zum Abflugbereich, wo einem die Verabschiedungen der anderen, egal ob hastig, innig oder verzweifelt, stets einen Stich versetzen. Ankunftshallen aber, hier ist alles zu haben. Manchen Reisenden ist Verlegenheit anzumerken, wenn sie aus dem Schutz der Flughafenwelt ins Außen treten und von der wartenden Menge schamlos gemustert werden. Anderen Erschöpfung, vielen Freude.
Neben den Fahrern, die teilnahmslos die Schilder mit dem Namen ihres jeweiligen Passagiers hochhalten, dann die Szenen des Wiedersehens. Nicht alle fallen sich freudig um den Hals, aber viele. Die immer gleiche Frage, an der man sich festhalten kann, bis der erste fremde Moment verschwindet: Wie war dein Flug? Soll ich dir mit dem Gepäck helfen?
Nach vielen Jahren sind es Freunde von weit weg, die abzuholen sind. Wir haben einander lang nicht gesehen, das Leben kam immer wieder dazwischen und dann die Pandemie im Speziellen. Der Anlass des Wiedersehens ist ein trauriger: Einer von uns ist nicht mehr dabei. Rund um ein Begräbnis ist die Grenze zwischen dem Lachen über früher und dem Weinen, weil es früher war und nicht mehr sein kann, eine fließende. Beim Wiedersehen am Flughafen zählt vorerst nur die bloße Freude über die Anwesenheit des anderen.