Analyse

Der unheimliche Aufstieg der israelischen Siedlerbewegung

Israeli settlers hold a protest march in West Bank
Israeli settlers hold a protest march in West BankREUTERS
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Israels Premier Netanjahu kann den radikalen Nationalisten in seiner Koalition nichts entgegensetzen. Die jüdischen Siedler sind so stark und einflussreich wie nie zuvor.

Israelische Nationalisten haben eine symbolträchtige frühere Siedlung im Westjordanland wiederbelebt – trotz starker Proteste seitens der USA und offenbar mit offiziellem Segen. Der Schritt ist umso bedeutsamer, als der Streit um die Siedlung namens Homesh eine lange Vorgeschichte hat.
Die Siedlung im nördlichen Westjordanland war ursprünglich Ende der Siebzigerjahre auf Grundstücken palästinensischer Landbesitzer errichtet worden. Im Jahr 2005 ließ der damalige israelische Ministerpräsident, Ariel Scharon, nicht nur sämtliche israelischen Siedlungen im Gazastreifen räumen, sondern auch vier Dörfer im Westjordanland, darunter Homesh. Seitdem war es israelischen Staatsbürgern verboten gewesen, dort neue Gebäude zu errichten oder sich auch nur dort aufzuhalten. Dennoch gab es im Laufe der Jahre immer wieder Versuche, die Siedlung mit provisorischen Bauten wiederzubeleben – welche die israelische Armee regelmäßig abreißen ließ.

Warnungen der USA ignoriert

Israels aktuelle Regierung, die seit Ende vergangenen Jahres im Amt ist und zwei stark siedlerfreundliche Parteien einschließt, leitete jedoch einen Politikwechsel ein: Nur Tage, nachdem die neue Regierung eingeschworen worden war, kündigte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an, Homesh zu einer – nach israelischem Recht – legalen Siedlung zu machen. Nach internationalem Recht gelten gängiger Auffassung zufolge sämtliche israelischen Siedlungen im Westjordanland als illegal. Im März erlaubte die Regierung dann israelischen Staatsbürgern offiziell den Besuch, wenngleich nicht die Neubesiedlung der vier früheren Siedlungen.
Schon diesen Schritt verurteilte die US-Regierung in ungewohnt harschen Worten, nannte ihn „provokativ“ und ließ mitteilen, man sei deshalb „extrem besorgt“. Doch gegenüber dieser israelischen Regierung, der auch ultraorthodoxe Parteien und eine rechtsextreme Kraft angehören, scheint der Einfluss des mächtigen Verbündeten geschrumpft zu sein. Insbesondere die rechtsextreme Partei Jüdische Stärke, angeführt von dem vorbestraften Itamar Ben-Gvir, sowie der kaum weniger radikale Religiöse Zionismus unter Führung des Finanzministers Bezalel Smotrich scheinen in erster Linie die eigene Basis befriedigen zu wollen – und den diplomatischen Schaden dafür bereitwillig in Kauf zu nehmen.
Auch Israels Oberster Gerichtshof hatte die Regierung Anfang des Jahres vor einer Legalisierung der Siedlung Homesh gewarnt und zudem eine Erklärung dafür gefordert, warum die Regierung den rechtmäßigen palästinensischen Landbesitzern noch immer keinen Zugang zu ihren Grundstücken gewährte.

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