Fußball: Bayern springen sich an die Gurgel

Fussball Bayern springen sich
Fussball Bayern springen sich(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Witters)
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Nach dem 3:1-Sieg in Bremen gingen die Bayern-Stars Arjen Robben und Thomas Müller aufeinander los. Die Würge-Affäre offenbart die Stimmung beim deutschen Meister.

Bremen. Für so manchen altgedienten Bayern-Fan war es wohl ein Déjà-vu: Vor ziemlich genau 15 Jahren war schon einmal ein Würger im Bayern-Trikot unterwegs. Damals war es Torhüter Oliver Kahn, der während eines Spiels beim VfB Stuttgart seinem Mitspieler an den Hals sprang. Das Opfer war Andreas Herzog. Der Österreicher wurde von Trainer Otto Rehhagel gerettet, sprich ausgewechselt.

Am Samstag war es wieder so weit. Diesmal gerieten die Stars allerdings nach dem Schlusspfiff aneinander. Während die anderen Kollegen den 3:1-Sieg in Bremen mit den mitgereisten Fans feierten, lieferten sich Arjen Robben und Thomas Müller am Rande, unbeobachtet von den TV-Kameras, ein heftiges Wortgefecht. Und plötzlich packte der Holländer seinen Kollegen am Hals. Die Szene wurde zumindest von einigen Fotografen festgehalten.

Was war geschehen? „Ich hasse das, wenn Leute so die Hände hochreißen“, sagte Robben später. Er meinte damit Müller, der sich mehrmals sehr offenkundig über Robbens eigensinnige Spielweise geärgert hatte. Als Robben etwa ohne Rücksprache mit den Kollegen einen Freistoß weit am Tor vorbeischoss, folgte wieder eine abfällige Handbewegung Müllers. Und das genügte offenbar, um Robben zur Weißglut zu bringen. Ohnehin war an diesem Abend mit dem 27-jährigen Vizeweltmeister nicht gut Kirschen essen. Das Spiel war noch keine Minute alt, da kassierte er schon die Gelbe Karte wegen Foulspiels.

Und schließlich war es auch kein normales Ligaspiel. Bremen gegen Bayern, das ist Rivalität pur. Und so entwickelte sich ein temporeiches, intensives Spiel mit vielen Torchancen auf beiden Seiten. Kurz nach der Pause ging Werder durch Per Mertesacker (47.) in Führung. Er verwertete ein Zuspiel des Österreichers Sebastian Prödl aus spitzem Winkel.

Doch die Bayern bissen, kämpften – und kombinierten. Und es war Arjen Robben, der in der 65. Minute in eine Flanke von Danijel Pranjic sprintete und aus kurzer Distanz das 1:1 erzielte. Zehn Minuten später war das Spiel gedreht, Mertesacker schoss zur Abwechslung ins eigene Tor. Miroslaw Klose gelang in der 86. Minute sein erster Saisontreffer.

Dann wurde es handgreiflich. Und jedesmal war Müller der Leidtragende. In der 88. Minute wurde er von Werder-Torhüter Tim Wiese knapp außerhalb des Strafraums regelrecht niedergemäht. Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer griff sofort zur Roten Karte und schloss Wiese aus. Wenige Minuten später war es Bayerns Anatoliy Tymoshchuk der eingreifen musste. Er ging mutig zwischen die Streithähne Robben und Müller.

„Nicht mit den Händen reden“

„Reden auf dem Platz ist immer gut, aber man sollte nicht mit den Händen reden“, sagte Robben nachdem auch er sich nonverbal zur Wehr gesetzt hatte. Dass er von Müller gestikulierend zum Abspielen aufgefordert worden war, wertete Robben als „respektlos gegenüber Kollegen“.

Bei den Bayern-Funktionären versuchte man die Affäre herunterzuspielen. Sportdirektor Christian Nerlinger meinte: „Es ist gut, dass wir Emotionen auf dem Platz haben.“

Seine eigene Sicht der Dinge hatte wie immer auch Bayern-Coach Louis van Gaal. „In Holland ist es üblich, dass wir miteinander streiten und sagen, was wir zu sagen haben. Das ist eine andere Kultur als in Deutschland“, meinte der Mann, der nichts so sehr hasst wie Harmonie. Und davon kann beim FC Bayern seit Langem keine Rede sein.

Nun haben sich offenbar die Animositäten unter den Bayern-Funktionären auf die Spieler übertragen. Ende vergangenen Jahres lieferte sich Van Gaal mit Aufsichtsratschef Uli Hoeneß ein hitziges Wortgefecht. Vor einer Woche bekam Sportchef Nerlinger sein Fett ab. Und als der frühere Bayern-Star und nunmehrige TV-Kommentator Mehmet Scholl die Querelen ansprach, wurde dies von van Gaal als „Papageien-Geplapper“ abgetan.

Bayern-Kapitän Philipp Lahm meinte zur Würge-Affäre: „Wir werden intern darüber reden.“ Das klingt gefährlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2011)

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