ÖIAG-Chef: „Ein Angebot, einen Neuanfang zu wagen“

(C) Zötl
  • Drucken

Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Markus Beyrer, wurde einstimmig zum Nachfolger von Peter Michaelis gekürt. Damit hat sich nicht ganz überraschend die ÖVP gegen die SPÖ durchgesetzt.

Wien. Die Entscheidung war letztlich gar nicht leicht, obwohl von den angeblich 40 Interessenten für den Job des ÖIAG-Chefs nur eine Handvoll ernst zu nehmende Kandidaten übrig blieb. Markus Beyrer gehörte dazu – die Wahl des ÖIAG-Aufsichtsrats fiel am Dienstag auch auf den bisherigen Generalsekretär der Industriellenvereinigung.

Zuletzt spitzte sich das Match um einen der höchstdotierten Posten in der staatsnahen Wirtschaft auf Beyrer, Ex-Telekom-Austria-Boss Boris Nemsic und Noch-OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer zu. Beyrer, der sich der Unterstützung von Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) sicher sein konnte, wurde der Vorzug gegeben vor einem Manager mit Konzernerfahrung. Gegen Nemsic dürfte die Hochegger-Affäre um PR-Gelder (die in Ära von Nemsic fiel) und gegen Ruttenstorfer die Insiderhandels-Causa (trotz Freispruchs) gesprochen haben. Mit Beyrer setzte sich die ÖVP gegen den Koalitionspartner SPÖ durch. In der IV übernimmt Kommunikationschef Christoph Neumayer den Generalsekretärsposten, Peter Koren wird sein Vize.

Der 45-jährige Beyrer, der nach dem Jus- und Handelswissenschaften-Studium ein Postgraduate für Europarecht in Krems und eines für Management an der Stanford University anhängte, bringt Erfahrung auf dem in- und ausländischen politischen Parkett mit. Nach Funktionen bei der EU arbeitete er im Kabinett des damaligen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel. Jetzt sitzt er auch im Generalrat der OeNB.

Politisches Netzwerk


Für Ex-Böhler-Chef Claus Raidl, einen der prononciertesten Kritiker der ÖIAG, ist Markus Beyrer „eine gute Wahl, er bringt die nötigen Voraussetzungen für den Job mit“. Gemeint ist nicht zuletzt die gute Kenntnis des politischen Terrains, die für einen ÖIAG-Vorstand unabdingbar ist. Beyrer gilt als Verfechter eines liberalisierten Arbeitsmarkts, einer Verwaltungsreform und einer Reduktion des Staatseinflusses in der Wirtschaft. In einem „Presse“-Interview hat er ein neues Beamtendienstrecht gefordert und gemeint, ein Drittel der Bezirke und Gemeinden könnte eingespart werden. Diese Einstellung dürfte in der SPÖ nicht gerade auf Gegenliebe stoßen: Dort sieht man die Bestellung Beyrers als „Vorleistung auf eine weitere schwarz-blaue Koalition“ bzw. als „Vorbereitung zu weiteren Privatisierungen“.

Die lehnt die SPÖ strikt ab. Sie will „mit einer Beteiligung in wichtigen Industriebereichen strategische Ziele verfolgen, die über kurzfristige Effekte hinausgehen und auf Grund ihrer internationalen Tätigkeit auch anderen österreichischen Unternehmen neue Netzwerke öffnen sowie etwa Versorgungssicherheit und einen großen Anteil an hochwertiger Beschäftigung gewährleisten“, sagte GPA-Chef Wolfgang Katzian.

Interessant wird, wie Beyrer seine Aufgabe sieht. In einer ersten Reaktion sagte er: „Ich sehe meine Bestellung als ein Angebot an alle, einen Neuanfang zu wagen und gemeinsam konstruktiv über eine positive Weiterentwicklung der ÖIAG nachzudenken.“ Pröll hat gemeint, das Konzept der „ÖIAG neu“ – inklusive künftige Beteiligungen, Ausrichtung und Haltung zu Privatisierungen – „soll aus dem Unternehmen, vom Vorstand und vom Aufsichtsrat kommen“. SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder, der lange die Abschaffung der ÖIAG forderte, meinte: Mit einem entsprechenden Konzept sei eine Neuausrichtung vorstellbar. „Eine Abverkaufsholding wollen wir nicht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.