Vorratsdaten: Pilz wettert gegen "Stasi-Gesetz"

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Vorratsdaten StasiGesetz(c) Roland Schlager
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Die Vorschläge der VP-Ressorts würden der Polizei ein "Spitzelmonopol" ohne jede Kontrolle verschaffen, warnt der Grüne Peter Pilz. Die FPÖ ortet den "Anfang eines Superüberwachungsstaates".

Die Grünen haben am Freitag eindringlich vor den Plänen für die Umsetzung der EU-Vorratsdatenspeicherrichtlinie gewarnt. Sicherheitssprecher Peter Pilz wetterte bei einer Pressekonferenz gegen das "Stasi-Gesetz" sowie gegen kolportierte Begehrlichkeiten der VP-Ressorts für Inneres und Justiz, die der Polizei "ein Spitzelmonopol ohne jede Kontrolle im Internet" verschaffen würden. Kritik kam auch von FPÖ und BZÖ.

Noch konnte sich die Koalition auf keinen Gesetzesvorschlag einigen. Pilz begründete seine Kritik aber auf dem Entwurf des Infrastrukturministeriums (BMVIT) von Doris Bures (SPÖ) und auf einem internen "Protokoll" der Verhandlungen zwischen den drei Ministerien, das ihm zugespielt wurde.

Reicht "Gefahr" einer Straftat für Zugriff?

Aus dem "Protokoll" habe Pilz umfassende Wünsche der ÖVP-Ministerien entnommen: Das Innenministerium wolle bereits Datenauskünfte an die Polizei, wenn bloß die "Gefahr" einer Straftat bestehe, fordere den "uneingeschränkten Zugang" der Polizei zu IP-Adressen und dies ohne jeglichen Rechtsschutz für die Betroffenen.

Das Justizministerium wolle auch die Formulierung "schwere Straftat" als Voraussetzung für den Zugriff zu Handy- und Internetdaten aus dem Gesetz haben und außerdem weiterhin urheber- und zivilrechtliche Delikte im Gesetz verankern, sagte Pilz. Letzteres hatte Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) bereits diesen Dienstag als "vom Tisch" bezeichnet.

"Richterliche Kontrolle wird ausgeschaltet"

Abgesehen von den angeblichen ÖVP-Plänen übte Pilz auch Kritik an zahlreichen Punkten im Entwurf des Infrastrukturministeriums. Dass die Anordnung der Staatsanwaltschaft für den Datenzugriff durch die Behörden ausreichen soll, ist nach Ansicht der Grünen "Ausschalten der richterlichen Kontrolle". Dateneinsicht für "präventive Zwecke" käme einem "polizeilichen Geheimzugriff" gleich.

Der Rechtsschutz werde ausgehöhlt, weil die vom Zugriff Betroffenen nicht verständigt werden müssten und es bei Stammdatenabfragen keine Begründungspflicht gebe. Bei Gefahr im Verzug wären solche Abfragen sogar mündlich möglich, monierte Pilz.

Das Innenministerium widerspricht in diesem Punkt. Der stellvertretende Legistik-Sektionschef betonte am Freitag, dass nach derzeitigem Verhandlungsentwurf "sehr wohl der Rechtsschutzbeauftragte einzuschalten ist, sobald Vorratsdaten abgerufen werden". Auch die Betroffenen seien zu informieren.

FPÖ: "Anfang von Superüberwachungsstaat"

Doch nicht nur die Grünen lehnen die Pläne der Regierung für die Umsetzung der EU-Richtlinie ab: FP-Verfassungssprecher Harald Stefan befand, die Europäische Union stelle "alle Österreicher unter Generalverdacht" und sah eine Gefahr für die Bürgerrechte. Er witterte überdies einen größeren Zusammenhang: Die Vorratsdatenspeicherung diene nur für ein EU-Forschungsprojekt, in dem "alle verfügbaren Daten europäischer Bürger verknüpft werden sollten". Dies wäre "der Anfang vom autoritären Superüberwachungsstaat", so das Bedrohungsszenario aus freiheitlicher Sicht.

Stadler ruft zu Boykott der EU-Richtlinie auf

BZÖ-Justizsprecher Ewald Stadler forderte - ungeachtet dräuender Strafzahlungen - die Regierung dazu auf, die Umsetzung der Richtlinie zu boykottieren. "Es ist völlig unverantwortlich, dass SPÖ und ÖVP dem Brüsseler Überwachungswahnsinn zustimmen wollen", erklärte er. Telefonate und Ähnliches seien "Privatsache", hier hätten "staatliche Datenschnüffler nichts verloren".

Die Vorratsdatenspeicherung hätte nach mehrmaligem Verschieben diese Woche vom Ministerrat abgesegnet werden sollen, doch SPÖ und ÖVP hatten sich nicht auf eine gemeinsame Vorlage einigen können.

Zögert Österreich die Umsetzung der EU-Richlinie weiter hinaus, drohen hohe Geldstrafen. Mit den Worten: "So geht's nicht" kommentierte die zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding am Freitag das Vorgehen der österreichischen Regierung.

(APA)

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