Die großzügigen Stifter

Jährlich geben Europas Stiftungen bis zu180 Milliarden Euro für wohltätige Zwecke aus. Auch in Österreich tut man viel Gutes, ohne darüber zu reden.

Warum hört man so wenig Positives über Stiftungen? Weil man in Österreich nicht über Geld spricht – weder positiv noch negativ. „Wir hatten eine Stiftung, die sehr, sehr viel Geld für die Renovierung der Wiener Albertina gab“, erzählt Christoph Kraus, Chef der Kathrein-Privatbank. „Allerdings gab es eine Auflage: Ihr dürft uns nicht nennen.“

Tatsächlich tun die europäischen Stifter viel Gutes – und schweigen darüber. Ganz im Gegensatz zu ihren amerikanischen Kollegen. US-Millionäre geben pro Jahr, teilweise durchaus lautstark, etwa 30 Milliarden Dollar für wohltätige Zwecke, europäische Stifter spenden dagegen zwischen 83 und 180 Milliarden Dollar – so genau weiß man es nicht.

In Österreich gibt es etwa 3300 private und etwa 210 gemeinnützige Stiftungen. Sie geben pro Jahr zwischen 20 und 40 Millionen Euro für gemeinnützige Zwecke, schätzt Reinhard Millner vom Institut für Non-Profit-Forschung (NPO) an der Wirtschaftsuniversität Wien. Zu den größten gemeinnützigen Stiftungen Österreichs gehört die der Familie Essl (Essl Museum): Seit drei Jahren vergeben Martin und Gerda Essl jährlich einen Sozialpreis in der Höhe von einer Million Euro. Auch die Erste Bank gilt mit ihrer Stiftung als einer der großen Wohltäter in Österreich: Knapp acht Millionen Euro gab sie 2009 für soziale und kulturelle Projekte aus.

In Deutschland gilt die Robert Bosch Stiftung, dotiert mit 5,2 Milliarden Euro, als größter Förderer von Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Die Volkswagen-Stiftung spendet pro Jahr mehr als 100 Millionen Euro.

Das „Centrum für soziale Investitionen“ (CSI) an der Universität Heidelberg ist in einer Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass es in der EU zwischen 90.000 und 110.000 Stiftungen gibt (in den USA sind es 71.000). In ihnen liegen – wieder hält man es lieber geheim – zwischen 350 und 1000 Milliarden Euro (USA: 470 Mrd. Dollar).

In Österreich waren Privatstiftungen nie als gemeinnützig gedacht. Als die Regierung 1993 deren Einrichtung ermöglichte, ging es darum, Geld im Land zu halten oder neues Geld nach Österreich zu bringen. Tatsächlich kamen deutsche Millionäre in Scharen nach Österreich.


Mausefallen-Effekt. Mittlerweile hätten Stiftungen ihre steuerrechtlichen Vorteile verloren, es gebe „nur noch Nachteile“, wie Kraus meint. „Wenn man Geld in die Stiftung einbringt, zahlt man 2,5 Prozent Steuer. Wenn man es herausnimmt, zahlt man 25 Prozent.“ Er nennt das „Mausefallen-Effekt“.

Zwei Drittel der Privatstiftungen würden heute Unternehmensbeteiligungen verwalten und seien ein „ideales Instrument, um die Firmennachfolgen zu regeln“. Kraus nennt ein Unternehmen, das die Kinder nicht weiterführen wollten. Also brachte man es in eine Stiftung ein, die nun die Geschäfte führt. Die Kinder könnten dennoch von dem Familienunternehmen profitieren.

Am Ende freilich werden alle österreichischen Stiftungen gemeinnützig: Wenn es keinen Begünstigten mehr gibt und in der Gründungsurkunde kein gemeinnütziger Endbegünstigter genannt ist, fällt nach 100 Jahren alles Vermögen dem Staat zu. rie

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2011)

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