Hintergrund: Der Euratom-Vertrag

A general view of the sarcophagus covering the damaged fourth reactor at the Chernobyl nuclear power
A general view of the sarcophagus covering the damaged fourth reactor at the Chernobyl nuclear power (c) REUTERS (Gleb Garanich)
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Euratom ist rechtlich gesehen eine eigene internationale Organisation neben der Europäischen Union, wird jedoch von den gleichen Institutionen verwaltet.

Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) war von Anfang an Bestandteil des europäischen Zusammenschlusses. Gemeinsam mit dem Vertrag zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) unterzeichneten Deutschland, Frankreich, Italien und die drei Benelux-Staaten am 25. März 1957 in Rom auch den Euratom-Vertrag. Diese Römischen Verträge bildeten gemeinsam mit der 1952 gegründeten Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) die vertraglichen Grundlagen für die spätere Europäische Union.

Der europäische Zusammenschluss in Sachen Atomenergie wird mittlerweile allerdings in so manchem Land kritisch gesehen. Die Ausstiegs-Befürworter berufen sich auf Umfragen, laut denen rund 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung einen Ausstieg aus Euratom befürworten. Alle Staaten, die der EU beigetreten sind, haben auch die Euratom-Regelungen als Teil des Gemeinschaftsrechts übernommen.

Im Kalten Krieg gegründet

Euratom ist rechtlich gesehen eine eigene internationale Organisation neben der Europäischen Union, wird jedoch von den gleichen Institutionen verwaltet. Zu den Aufgaben der Euratom gehören die Entwicklung der Atomindustrie und die Förderung der friedlichen kerntechnischen Forschung - 1957, in der Zeit des Kalten Krieges, als die Welt ständig von der atomaren Vernichtung bedroht war, ein besonders dringliches Anliegen. Das bis Ende des Jahres geltende 7. Euratom-Forschungsrahmenprogramm (2007 - 2011) sieht dafür ein Budget von 2,7 Milliarden Euro, aufgeteilt auf fünf Jahre, vor.

Als dieser Vertrag verabschiedet wurde, steckte die Atomforschung in den Kinderschuhen. Die Kernspaltung wurde 1938 entdeckt und in den 1940er und 1950er Jahren weltweit zunehmend verbreitet. Sie diente zunächst vorwiegend militärischen Zwecken: Die USA warfen 1945 zwei Atombomben auf Japan ab. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Atomenergie vermehrt auch zivil genutzt - zur Energiegewinnung.

Unter dem Eindruck der Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki und des atomaren Rüstungswettbewerbs zwischen der Sowjetunion und den USA lag es im Interesse der Euratom-Gründerstaaten, die Technologien und Materialen zur Kernspaltung als potenziell kriegswichtige Güter unter gemeinsame Kontrolle zu stellen. Gleichzeitig wollten sie finanzielle Mittel für die weitere Erforschung und den Bau von Kraftwerken gemeinsam aufbringen, da die einzelnen Staaten dazu allein kaum in der Lage gewesen wären. Von der Atomenergie erwarteten sich die sechs Euratom-Gründerländer Abhilfe angesichts der Energieknappheit in der Nachkriegszeit und eine Verringerung der Abhängigkeit von Erdöl-Importen.

Geld fließt in Kernfusionsreaktor

Ziel der Atomgemeinschaft ist es laut Vertrag, "durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten beizutragen". Aufgabe ist es etwa, für eine regelmäßige und gerechte Versorgung der Gemeinschaft mit Erzen und Kernbrennstoffen zu sorgen. Auch sollten Sicherheitsnormen für den Schutz der Gesundheit vor Strahlung erarbeitet werden. Und es sei zu gewährleisten, dass ziviles Kernmaterial nicht für andere (insbesondere militärische) Zwecke abgezweigt wird. Die Hauptaufgabe, die Entwicklung der Kernforschung, wird mit Hilfe des Forschungsrahmenprogramms realisiert. Der Großteil des Geldes fließt jetzt in den Bau und Betrieb des Kernfusionsreaktors ITER.

Euratom ist nur im Bereich der zivilen und friedlichen Nutzung der Kernenergie zuständig. Mit dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages am 1. Dezember 2009 wurden die institutionellen Vorgaben des Euratom-Vertrages den neuen Gegebenheiten angepasst.

(APA)

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