Reaktionen: Von "Achtungserfolg" bis "Niederlage der Initiatoren"

VOLKSBEGEHREN RAUS AUS EURATOM
VOLKSBEGEHREN RAUS AUS EURATOM(c) APA/ROLAND SCHLAGER (Roland Schlager)
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Die Umweltgruppe "Atomstopp Oberösterreich" will trotz des schwachen Ergebnisses beim Volksbegehren "Raus aus Euratom" weiterkämpfen. Die Politischen Reaktionen reichen von Enttäuschung bis Zweckoptimismus.

1302 Stimmen fehlten dem Volksbegehren "Raus aus Euratom" auf die 100.000-Stimmen-Marke, die notwendig ist, um eine parlamentarische Behandlung zu erwirken. Das Volksbegehren erzielte mit 98.698 Unterschriften das zweitschlechteste Ergebnis unter den bisher 34 der Zweiten Republik. Die Initiatoren der Umweltgruppe "Atomstopp Oberösterreich" wollen nach dem schwachen Abschneiden trotzdem weiterkämpfen.

Man müsse nun Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) "zum xten Mal zum Mitbestimmen auffordern", um endlich beweisen zu können, "dass und wie die europäische Atompolitik innerhalb von Euratom mitzuentscheiden ist", so die Organisatoren Gabriele Schweiger und Roland Egger in einer Aussendung am Dienstag. "16 Jahre Mitgliedschaft Österreichs bei Euratom - und von einer aktiven Antiatom-Politik der Bundesregierung gibt es keine wahrnehmbaren Spuren. (...) Fakt ist: bei Euratom ist kein Platz für Antiatom-Politik", konstatieren Egger und Schweiger.

Der oberösterreichische Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) zeigte sich angesichts des vorläufigen Endergebnisses enttäuscht.

Höchste Zustimmung in Vorarlberg

Die regionale Zustimmung fiel jedoch sehr unterschiedlich aus: Während in Vorarlberg mit 5,12 Prozent die bei weitem höchste Zustimmung erzielt wurde, in Salzburg 3,31 Prozent und in Oberösterreich 2,49 Prozent der Stimmberechtigten das Volksbegehren unterzeichneten, war die Unterstützung in Kärnten mit 0,45 Prozent am geringsten.

Auch in Tirol (0,54 Prozent), der Steiermark (0,69 Prozent) und in Wien (0,98 Prozent) konnten die Initiatoren die Bevölkerung nur sehr begrenzt mobilisieren. In Niederösterreich und im Burgenland lag die Beteiligung bei 1,51 bzw. 1,46 Prozent.

Im nahe dem südböhmischen Atomkraftwerk Temelin gelegenen Mühlviertel in Oberösterreich war die Zustimmung überproportional hoch. Im Bezirk Freistadt unterzeichneten es 5,63 Prozent der Stimmberechtigten, das ist nach dem Vorarlberger Bezirk Feldkirch (5,85 Prozent) der zweitbeste Wert bundesweit. Das vorläufige Endergebnis bezeichnete Schweiger am Montagabend als "witzig" und machte die unterschiedliche regionale Berichterstattung dafür verantwortlich.

Grüne warnen vor "Bestätigung des Kurses"

Der oberösterreichische Umweltlandesrat Anschober  kritisierte, dass "immer wieder Verunsicherung über die rechtliche Ausstiegsmöglichkeit gestreut wurde". Offensichtlich sei es im Gegenzug aber nicht gelungen, ausreichend Glauben an die Durchsetzungsmöglichkeit eines Ausstiegs zu vermitteln. "Ich warne allerdings die Bundesregierung, dies als Bestätigung für ihren Kurs des Totalversagens in der Anti-Atompolitik fehlzuinterpretieren."

Umweltminister Berlakovich hatte am Montag auf ein Gutachten des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts hingewiesen, wonach ein Austritt aus Euratom automatisch auch einen EU-Austritt zur Folge haben würde.

Pühringer: "Über Euratom reden"

Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) kann sich vorstellen, über den Euratom-Vertrag zu reden. Er wünsche sich diesen in einer Form, die die Sicherheit von Atomkraftwerken verbessert und die Errichtung neuer verhindert, erklärte er am Dienstag im Gespräch mit der APA.

Das Ergebnis sei zur Kenntnis zu nehmen, so Pühringer. Er sieht vor allem die inhaltliche Mixtur des Euratom-Vertrags, der sowohl für neue Kraftwerke als auch für mehr Sicherheit stehe, als Hauptgrund für die schwache Beteiligung am Volksbegehren. An der oberösterreichischen Anti-Atom-Politik werde sich aber nichts ändern, versicherte er.

Berater: "Niederlage der Initiatoren"

Der oberösterreichische Anti-Atom-Berater Radko Pavlovec sieht in dem Ergebnis "eine Niederlage der Initiatoren, die mit falschen und populistischen Argumenten für den Euratom-Ausstieg geworben haben". Für Pavlovec ist der Ausgang nicht als Zeichen für abnehmende kritische Einstellung der Öffentlichkeit zur Atomkraftnutzung zu werten.

Die Initiatoren hätten versucht, die Anti-Atom-Bewegung "für undurchsichtige Zwecke" zu vereinnahmen und seien damit gescheitert. Auch Pavlovec hält den Euratom-Vertrag für "dringend reformbedürftig". Änderungen würden allerdings "eine aktive Rolle der österreichischen Bundesregierung sowie die Unterstützung mehrerer EU-Länder" erfordern.

FPÖ sieht "Achtungserfolg"

Die FPÖ sieht einen "Achtungserfolg" für die ehrenamtlichen Initiatoren des Volksbegehrens. Es sei in den vergangenen Jahren noch nie ein Volksbegehren derart ignoriert und bekämpft worden wie jenes zu Euratom, erklärte der oberösterreichische FPÖ-Nationalratsabgeordnete Werner Neubauer in einer Aussendung. "Das knappe Scheitern an der Hürde von 100.000 Unterschriften ist ganz klar auch darin zu suchen, dass es keine breite Unterstützung seitens der Medienlandschaft und der maßgeblichen Vertreter der Politik gegeben hat." Neubauer sieht einen klaren Auftrag für die FPÖ, weiterhin für den Ausstieg einzutreten.

Auch das BZÖ kündigte per Aussendung an, sich auch in Zukunft für dieses Anliegen einzusetzen. Der BZÖ-Energiesprecher und oberösterreichische Landessprecher Rainer Widmann machte für das Abschneiden SPÖ und ÖVP verantwortlich. Sie hätten "von Anfang an klar gemacht, das Ergebnis - egal wie es ausfällt - zu ignorieren".

(APA)

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