Lehrer wollen künftig kürzer arbeiten

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Lehrervertreter Rainer fordert Reduktion von 40 auf 38 Wochenstunden. Für die Regierung ist der Vorstoß aus den Reihen der Lehrergewerkschafter brisant. Damit wankt im Bundesdienst ein Eckpfeiler.

Wien. In der Diskussion um ein neues Dienst- und Besoldungsrecht der Lehrer war bisher vonseiten der Regierung von zusätzlichen Stunden in der Schule die Rede. Jetzt dreht der Vorsitzende der Gewerkschaft der Lehrer an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, Jürgen Rainer, im Gespräch mit der „Presse“ den Spieß um und verlangt eine Senkung der Wochenstundenzahl von 40 auf 38 Stunden.

Damit geht er nicht nur vor Verhandlungen mit Unterrichtsministerin Claudia Schmied zur Gegenoffensive über. Denn erklärtes Ziel ist es, die Anwesenheitszeit der Pädagogen in den Schulen zu erhöhen. Das Vorpreschen ist aus einem zweiten Grund bemerkenswert. Denn im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen gilt im öffentlichen Dienst – was vielen Österreichern gar nicht bekannt ist – nach wie vor die 40-Stunden-Woche.

Offiziell keine Mittagspause

Im Dienstrecht heißt es in Paragraf 48: „Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten beträgt 40 Stunden.“ Darüber hinaus gibt es Sonderregelungen etwa für Schichtdienste wie bei der Exekutive. Die Beamtengewerkschaft unter ihrem Chef Fritz Neugebauer hat in den vergangenen Jahren eine Reduktion der Arbeitszeit nie zum Thema gemacht. In der Gewerkschaft wird das so begründet: Im öffentlichen Dienst gebe es offiziell keine Mittagspause, sondern nur eine kurze Zeit für die Einnahme des Essens. Daher blieb es bei der 40-Stunden-Woche.

Für die Regierung ist der Vorstoß aus den Reihen der Lehrergewerkschafter brisant. Denn gibt die Regierung bei einer Teilgruppe des öffentlichen Dienstes nach, könnte eine Lawine an weiteren Forderungen ausgelöst werden. Damit würde der Sparkurs in der Verwaltung wegen der Mehrkosten mit einem Schlag zunichtegemacht.

Reaktion auf Verschärfungspläne

Die Verkürzung von 40 auf 38 Stunden wird ein zentrales Thema bei dem Ende März bevorstehenden Gewerkschaftstag der BMHS-Lehrer im steirischen Leibnitz sein. Lehrergewerkschaftschef Rainer, der sich dabei der Wiederwahl stellt, begründet seine Forderung damit, dass der Arbeitsaufwand in seiner Berufsgruppe außerhalb des regulären Unterrichts deutlich zugenommen habe. Mittlerweile sei eine sogenannte Qualitätskontrolle notwendig. Die Einrichtung von Feedback-Gruppen sei nötig, Fragebögen müssten erstellt werden, was zusätzliche Arbeit bedeutet. „Das geht alles still und heimlich.“

Auf diese schleichende Mehrarbeit wolle er mit der Forderung nach einer Senkung der Arbeitszeit auf 38 Stunden aufmerksam machen, erläutert er. Eine Arbeitszeitstudie habe im Jahr 2000 ergeben, dass Lehrer selbst unter Einrechnung der Ferienzeiten die gleiche Stundenleistung wie andere Beschäftigte erbringen, so Rainer. Der Gewerkschafter macht aber kein Hehl daraus, dass seine Aktion auch eine Antwort auf Pläne ist, die Arbeitszeit der Lehrer um ein bis vier Stunden zu erhöhen.

Mit anderen Lehrergewerkschaftern sei sein Plan abgeklärt. Darüber hinaus wünscht sich Rainer, dass das Unterrichtsressort eine neue Arbeitszeitstudie macht, um zu sehen, wie sich das Pensum der Pädagogen entwickelt hat.

Auf einen Blick

Jürgen Rainer (59) ist seit März 2006 Vorsitzender der Gewerkschaft der Lehrer an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen. In diesem Bereich unterrichten rund 23.000 Pädagogen. Rainer, ein gebürtiger Grazer, der an der HAK in Voitsberg unterrichtete, war bereits im Frühjahr 2009 bei den Verhandlungen mit Unterrichtsministerin Claudia Schmied zur Lehrerarbeitszeit im Unterricht dabei. Heuer stellt sich der Christgewerkschafter Rainer Ende März der Wiederwahl in seiner Funktion. Bei diesem Gewerkschaftstag im steirischen Leibnitz geht es auch um die Forderung nach einer Reduktion von 40 auf 38 Stunden pro Woche. [APA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 7.März 2011)

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