Der schwedische Autobauer Saab hat Schwierigkeiten, seine Zulieferer zu bezahlen. Die Produktion musste kurzfristig gestoppt werden. Der Aktienkurs der holländischen Saab-Mutter Spyker stürzte daraufhin ab.
Kopenhagen. Beim schwedischen Autohersteller Saab liefen am gestrigen Mittwoch die Bänder wieder wie gewöhnlich – doch über der Fabrik in Trollhättan ziehen dunkle Wolken auf. Tags davor hatte es einen kurzfristigen Produktionsstopp gegeben, da es Engpässe bei Einzelteilen gab. Saab könne seine Rechnungen nicht mehr bezahlen, Zulieferer hätten daher den Nachschub unterbunden, meldeten schwedische Medien. Der Aktienkurs der holländischen Saab-Mutter Spyker stürzte daraufhin um mehr als zehn Prozent ab.
Saabs derzeitiger Vorstandschef Victor Muller versucht, die Lage zu entdramatisieren: Die vorübergehenden Probleme seien auf eine Transportfirma zurückzuführen, die besser bezahlt werden wolle. Dieser Darstellung widerspricht die betroffene Firma Schenker jedoch. Es würde nicht um eine bessere Entlohnung gehen, vielmehr um Millionenbeträge die Saab schulde. Deshalb liefere man nur noch nach Bezahlung. Svenåke Berglie, der Branchenchef der Industrie für Fahrzeugkomponenten, bestätigt, dass Saab mit den Zahlungen für mehrere Zulieferer in Verzug sei. Man habe das Unternehmen dazu aufgefordert, dies abzustellen. Es handle sich nämlich um „bedeutende Summen“.
Optimismus ist verflogen
Saabs Mutterfirma Spyker Cars versichert indes, über „ausreichende Mittel für den unmittelbaren Bedarf“ zu verfügen. Dennoch sehen die schwedischen Analysten nun wieder Pleitegeier über dem Traditionsunternehmen kreisen.
Spyker hat Saab vor rund einem Jahr in einer dramatischen Rettungsaktion vom damaligen US-Eigner General Motors übernommen. Der Optimismus von damals ist aber verflogen. Im Vorjahr fuhr Spyker bei einem Umsatz von 819 Mio. Euro einen Verlust von 218 Mio. Euro ein.
Mit dem Verkauf von 32.000 Pkw blieb der Autobauer weit hinter dem Soll von 80.000 Stück zurück. Und selbst auf dem schwedischen Markt für Dienstwagen, Saab war bisher stets die solide Nummer zwei hinter Volvo, wurde man zuletzt von VW überflügelt.
Manager laufen davon
Dass in der Vorwoche der als Retter gefeierte Vorstandschef Jan Åke Jonsson seinen Rücktritt ankündigte, weil er „mehr Zeit für Freizeit und Familie“ haben wolle, trug nicht gerade zur Stärkung des Vertrauens bei. Nur einen Tag davor war der als Finanzchef vorgesehene Niels-Johan Andersson abgesprungen – noch ehe er seinen Job antrat.
Zu allem Übel meldete Spykers Hauptfinancier, der russische Bankier Victor Antonow, öffentlich Zweifel an Strategie und Verkaufszielen an. Spyker-Gründer Muller hat bei Saab einstweilen selbst das Steuer übernommen. Die Suche nach einem neuen Konzernchef mit Branchenkenntnis, der wieder Vertrauen wecken könnte, hat nun erste Priorität. Dieses Unterfangen ist durch die Nachrichten über die offensichtlichen Finanzengpässe aber kaum leichter geworden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2011)