Zu viel Bauch, zu wenig Hirn

Die isländische Entscheidung ist gefühlsmäßig nachvollziehbar. Sie ist aber falsch.

Warum sollen wir für die Gier anderer zahlen? Mit dieser rhetorischen Frage lässt sich der Gedankengang hinter dem Nein der Isländer über das Entschädigungsabkommen für Sparguthaben ausländischer Kunden zusammenfassen. Briten und Holländer wollten höhere Zinsen, nun müssen sie – oder ihre Staaten – auch mit den Folgen des höheren Risikos leben.

Außerdem seien ja nicht die einfachen Isländer schuld an der ganzen Sache gewesen, heißt es in Reykjavik. Schuld seien vielmehr die Manager der Banken, die mit lukrativen Konditionen ausländisches Kapital im Mehrfachen des isländischen BIPs auf die kalte Insel lockten. Sollen die doch dafür geradestehen.


Gefühlsmäßig lässt sich das nachvollziehen. Dennoch lassen die Fakten den Schluss zu, dass die Entscheidung falsch ist. Nicht nur, dass isländische Sparer sehr wohl entschädigt wurden und den isländischen Staat aufgrund mangelnder Bankenaufsicht auch eine Schuld an der Malaise trifft.

Entscheidender für Island ist, wie es nach dem großen Schock schnell neu starten kann. Die Ablehnung der Entschädigung, die die Isländer aufgrund vorhandener Banken-Assets gar nicht so viel kosten wird, ist dabei kontraproduktiv. So kündigten Ratingagenturen bereits an, die Kreditwürdigkeit Islands deshalb herabzustufen. Das kann man unfair finden, ist aber so. Und alle Banken zuzusperren und nur noch fischen zu gehen ist auch im hohen Norden keine Alternative.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2011)

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